Entscheidung in Brüssel Euro-Länder einig über Hilfspaket für Athen
Nach zwölf Verhandlungsstunden ist die Einigung da: Die Euro-Finanzminister haben dem zweiten milliardenschweren Rettungspaket für Griechenland zugestimmt. Das Kreditvolumen betrage 130 Milliarden Euro, bestätigte Eurogruppen-Chef Juncker. Private Gläubiger sollen auf etwas mehr als die Hälfte ihrer Forderungen verzichten.
Griechenland kann der Staatspleite ein zweites Mal dank internationaler Hilfe entkommen. Die Euro-Finanzminister haben das zweite milliardenschwere Rettungsprogramm auf den Weg gebracht - nach einem zwölfstündigen Verhandlungsmarathon in Brüssel.
Der Beitrag der Europartner von 130 Milliarden Euro soll nicht erhöht werden. Das Kreditvolumen betrage 130 Milliarden Euro, bestätigte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Das ursprüngliche Ziel, Athens Gesamtschuldenlast bis 2020 von mehr als 160 auf 120 Prozent der Wirtschaftskraft zu reduzieren, wurde minimal nach oben korrigiert - auf 120,5 Prozent.
Private Gläubiger beteiligen sich stärker
Besonders heftig war um einen zusätzlichen Beitrag der privaten Gläubiger Athens gerungen worden, um die Gesamtschuldenlast trotz des Wirtschaftseinbruchs in Griechenland in Richtung 120 Prozent zu drücken. Mit Erfolg: Griechenland hat nun grünes Licht, um in den kommenden Tagen den privaten Gläubigern ein Angebot zum Schuldenschnitt zu unterbreiten. Banken und Fonds sollen auf einen Großteil ihrer Forderungen von ingsgesamt 200 Milliarden Euro verzichten, indem sie alte Staatsanleihen gegen neue tauschen.
Die Eurozone und der Internationale Währunsgfonds (IWF) rangen dem internationalen Bankenverband IIF einen höheren Sanierungsbeitrag ab: Banken, Versicherungen und Fonds akzeptierten einen Abschlag von bis zu 53,5 Prozent auf den Wert ihrer ausstehenden griechischen Staatsanleihen. Das bedeutet für Athen nach Angaben des IIF eine Entlastung um 107 Milliarden Euro. Ob auch wirklich genügend Banken bei dem Schuldenschnitt mitmachen, um die Summe zu erreichen, werden jedoch erst die kommenden Wochen zeigen.
Der Rest der Privatschulden wird in neue Anleihen mit Laufzeiten von elf bis 30 Jahren umgetauscht. Dafür erhalten die Banken geringe Zinsen von zwei bis 4,3 Prozent. Insgesamt soll Athen dadurch in den kommenden acht Jahren 150 Milliarden Euro einsparen.
Den ursprünglichen Plänen zufolge sollten die privaten Gläubiger auf 50 Prozent ihrer Forderungen und somit 100 Milliarden Euro verzichten. Eine Analyse der Troika - Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF - hatte jedoch ergeben, dass dadurch das Ziel nicht erreicht worden wäre, den Schuldenstand wie geplant bis zum Jahr 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken.
Auch die nationalen Notenbanken werden stärker in die Rettung eingebunden. Sie geben die Gewinne aus ihren Griechenland-Krediten an Athen zurück. Das soll die Schuldenlast senken.
IWF entscheidet Mitte März über seinen Beitrag
Der Schuldenerlass der Banken war eine Voraussetzung für den IWF, um sich neben den Eurostaaten an dem Hilfsprogramm zu beteiligen. Wie der Beitrag des IWF aussieht, ließ dessen Chefin Christine Lagarde offen. Nicht nur Griechenlands neue Reformzusagen seien dafür entscheidend, sondern auch die Entscheidung über eine Verstärkung der Krisenfonds EFSF und seinem Nachfolger ESM. Das Direktorium des IWF werde Mitte März entscheiden, sagte Lagarde.
Schäuble zufrieden - Bundestag wird Montag abstimmen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich zufrieden mit der Einigung. Das Ergebnis sei "zu verantworten", sagte er, denn Athen können nun "auf den nachhaltigen Pfad der Gesundung" kommen.
Allerdings müsse das Land als weitere Voraussetzung für die Milliardenhilfen noch bis Ende des Monats eine Reihe von Maßnahmen "gesetzgeberisch auf den Weg" bringen. Diese Schritte - darunter nach Angaben Schäubles Reformen im Gesundheitssektor, in der Kommunalverwaltung, im Rentensysten, im Finanzsektor sowie auf dem Arbeitsmarkt - sollen von den Euro-Ländern Anfang März überprüft werden. Das sei "kein Selbstläufer", warnte Schäuble. Er sei "ganz zuversichtlich", dass die Pläne eine Mehrheit im deutschen Parlament erhalten werden, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Die Abstimmung sei für Montag geplant.
Reform-Auflagen für Athen
Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos sagte, er sei "sehr glücklich" über die Eingung. Das Land werde alle dafür nötigen Bedingungen rechtzeitig erfüllen. Das 130-Milliarden-Paket ist verbunden mit einer Reihe von Reform-Auflagen für die Regierung in Athen. Sie soll unter anderem Renten und Mindestlöhne kürzen, durch eine Reform des Steuersystems für mehr Einnahmen und mit einer Öffnung bisher abgeschotteter und streng regulierter Märkte für mehr Wachstum sorgen.
Ständige Überwachung
Auf einem Sperrkonto soll außerhalb der Verfügungsgewalt der griechischen Regierung Geld gelagert werden, mit dem Zinsen und Tilgungen gezahlt werden müssen. Auf dem Konto muss ausreichend Geld für die Schuldentilgung der folgenden drei Monate liegen. Die Einhaltung dieser Auflagen soll künftig ständig - und nicht mehr nur sporadisch - von einer Expertengruppe von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank überwacht werden.
Um die Freigabe der neuen Notkredite war mehr als zwölf Stunden erbittert gerungen worden. Ohne die neuen Finanzspritzen würde Griechenland am 20. März in die Pleite stürzen, wenn der Staat 14,5 Milliarden Euro Schulden begleichen muss. Bereits 2010 hatte Athen von den Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds IWF Notkredite von 110 Milliarden Euro erhalten. Daraus hat Athen bisher 73 Milliarden Euro entnommen.