Auflagen für Griechenland Sparen an allen Ecken und Enden
Stellen kürzen, Löhne senken, Preise erhöhen: Die Sparpläne der griechischen Regierung sind so vielfältig wie radikal. Doch wenn das hochverschuldete Land neue Hilfen von der EU haben möchte, müssen diese Auflagen erfüllt werden. Griechenland wird damit komplett umgebaut. Ein Überblick.
Das von der Staatspleite bedrohte Griechenland muss sich im Gegenzug für Milliardenhilfen des zweiten Hilfspakets in Höhe von 130 Milliarden Euro zu erheblichen Einschnitten und Reformen verpflichten. Die dort festgeschriebenen Reformen bedeuten enorme Einschnitte:
Sofortige Kürzungen: Noch vor der ersten Auszahlung aus dem neuen Hilfspaket muss die griechische Regierung per Nachtragsetat und mit anderen Beschlüssen kurzfristig 3,3 Milliarden einsparen. Unter anderem sollen die Ausgaben für Medikamente um gut eine Milliarde Euro sinken. Militärausgaben sollen um 300 Millionen Euro gekürzt werden. Weniger Investitionen, Subventionen und Ausgaben der Zentralregierung sollen 860 Millionen bringen. Eine Lücke von 325 Millionen Euro soll mit weiteren Kürzungen im Verteidigungshaushalt, bei Verwaltungskosten der Ministerien und durch Lohnsenkungen im öffentlichen Dienst geschlossen werden.
Renten: Das Rentensystem wird radikal reformiert. Rentenkassen werden zwangsvereinigt, Kostenobergrenzen eingeführt. Rückwirkend zum 1. Januar 2012 werden Zusatzrenten gekürzt. Die neue Rentenkasse darf keine Defizite machen. Bis Ende September 2012 sollen die Renten "angepasst" werden. Dabei sollen Bezieher geringer Renten geschützt werden: Die Kürzungen sollen nur Pensionen von mehr als 1300 Euro im Monat betreffen.
Öffentlicher Sektor: Die Beschäftigung im öffentlichen Sektor soll bis Ende 2015 um 150.000 Stellen reduziert werden. Notfalls werden vorübergehende Einstellungsstopps verhängt.
Privatisierungen: Bis Ende 2015 soll Griechenland 15 Milliarden Euro durch Privatisierungen einnehmen. Mittelfristig sollen mit dem Verkauf von Staatsvermögen 50 Milliarden Euro erlöst werden. Die Regierung soll restliche Anteile an staatseigenen Unternehmen veräußern. Angegangen werden außerdem Fusionen und Privatisierungen regionaler Flughäfen. Auf dem Strommarkt sollen Netze und Versorgung getrennt werden. Der staatliche Stromanbieter PPC und der Gasversorger DEPA werden privatisiert. Wettbewerber erhalten Zugang zur Braunkohle-Verstromung. Unter öffentlicher Kontrolle bleiben lediglich kritische Netzinfrastruktureinrichtungen.
Preiserhöhung: Die Preise im Personennahverkehr, bei der griechischen Eisenbahn (OSE) und Trainose, sollen um mindestens 25 Prozent erhöht werden.
Steuern: Bereits bis Juni 2012 soll das Steuersystem vereinfacht werden. Steuerbefreiungen sollen dann aufgehoben und die Bemessungsgrundlagen verbreitert werden. So können Steuersätze "behutsam gesenkt" und Einnahmen erhöht werden. Außerdem sollen vermehrt große Steuerzahler, Vermögende und Selbstständige geprüft werden. Steuerrückstände sollen schneller behoben und Instrumente der Geldwäschebekämpfung besser einbezogen werden. Das Personal in der Verwaltung soll aufgestockt, Steuerbehörden fusioniert und 200 lokale, ineffiziente Finanzämter bis Ende 2012 geschlossen werden.
Gesundheit: Öffentliche Gesundheitsausgaben sollen bei maximal sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen. Bei Arzneimitteln soll 2012 eine Milliarde Euro gegenüber 2011 gespart werden. Die durchschnittlichen öffentlichen Ausgaben für Arzneimittel im ambulanten Bereich sollen dann bis Ende 2014 bei etwa ein Prozent des BIP liegen und damit EU-Durchschnitt erreichen.
Arbeitsmarkt: Vor Auszahlung der Hilfen werden die Mindestlöhne um 22 Prozent gegenüber dem am 1. Januar 2012 geltenden Niveau von 750 Euro gesenkt. Für junge Menschen unter 25 Jahren werden sie ohne Ausnahmen um 32 Prozent reduziert. Regelungen über automatische Lohnzuwächse werden ausgesetzt. Die Arbeitsstückkosten in der gewerblichen Wirtschaft sollen von 2012 bis 2014 um 15 Prozent sinken.
Banken: Banken müssen sich einem Stresstest unterziehen und bis zum dritten Quartal 2012 eine "harte Kernkapitalquote" von neun Prozent erfüllen. Ab dem zweiten Quartal 2013 sind es zehn Prozent.
Liberalisierung: Vor den Hilfszahlungen soll die Liberalisierung etwa bei Kliniken, Apothekern, Optikern, Buchhaltern, Maklern und anderen, bislang vor Konkurrenz geschützten, Berufen auf den Weg gebracht werden. In überteuerten Wirtschaftsbereichen muss ausländische Konkurrenz zugelassen werden. EU-Bürger und -Firmen erhalten so zum Beispiel das Recht, in Griechenland eine Tankstelle, ein Transport- oder ein Bahn-Unternehmen zu betreiben. Der Linienbusverkehr soll liberalisiert, Zugangsschranken zum Taximarkt sollen beseitigt werden.
Wirtschaft: Die Regierung legt einen Plan vor, wie das Land ein attraktiver Standort wird. Dazu werden ein Handelsregister eingerichtet sowie Umwelt-, Bau- und Betriebs-Genehmigungen vereinfacht. Bis 2020 steht ein flächendeckendes Grundbuch.