Steuerhinterziehung in Griechenland 200 Milliarden Euro auf der hohen Kante
Während es dem griechischem Staat zusehends schlechter geht, haben einige Griechen offenbar vorgesorgt. Durch Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit haben sie ein Vermögen von mehr als 200 Milliarden Euro angehäuft, schätzen Experten. Dem Staat bleibt nicht mehr als ein Appell.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Es gibt sie wirklich, die fast schon sprichwörtlichen reichen, griechischen Reeder. Sie kaufen Schiffe, treiben weltweit Handel und verdienen gut. Nur, viele der schwerreichen, griechischen Reeder haben ihren Firmensitz irgendwo auf den Bahamas oder sonstwo in der Welt, sodass der griechische Staat von denen keinen Cent Steuern kassiert.
Es ist nicht verboten, den Firmensitz ins Ausland zu verlegen, vor allem wenn man mit seinem Unternehmen weltweit tätig ist. Finanzminister Evangelos Venizelos appelliert dennoch regelmäßig an griechische Unternehmer im Ausland: "Bitte kommt zurück, investiert in Eurem Heimatland!" Aber kaum jemand hört auf diese Appelle.
Vermögen aus Schwarzarbeit
Es gibt aber auch reiche Griechen, die in den vergangenen Jahrzehnten durch organisierte Schwarzarbeit oder durch Steuerhinterziehung ein Vermögen angehäuft haben, das nun auf geheimen Konten im Ausland lagert. Niemand weiß, wie viele Euro das sind. Banken-Experten in Athen schätzen jedoch: Es dürften mehr als 200 Milliarden Euro sein. Das griechische Finanzministerium versucht in Verhandlungen mit Banken zum Beispiel in der Schweiz, an diese Konten heranzukommen.
Aber erst in einem einzigen Fall ist die Spur so konkret und der Verdacht soweit erhärtet, dass die Konten eines griechischen Managers in der Schweiz tatsächlich gesperrt wurden - mit einem Vermögen von insgesamt 158 Millionen Euro. Vor fünf Wochen hatte das Finanzministerium in Athen sogar eine Liste der 4000 schlimmsten griechischen Steuersünder ins Internet gestellt. Da stehen die Steuerhinterzieher mit vollen Namen und mit ihrer Steuernummer auf der so genannten "Liste der Schande".
65 Milliarden von Konten abgehoben
Jeder einzelne von ihnen schuldet dem Staat mindestens 170.000 Euro. Manche haben sich ins Ausland abgesetzt, andere haben das Vermögen schon verjubelt und sind pleite, wieder andere streiten weiter vor Gericht um die Steuerschuld; nichts kommt in die Staatskasse. Im Gegenteil: Ständig fließt Geld raus aus Griechenland. So haben die griechischen Sparer seit Beginn der Krise insgesamt 65 Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben, im Durchschnitt hat also jeder Grieche 6000 Euro vom Sparbuch oder vom Sparkonto genommen.
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hat untersuchen lassen, wohin das Geld geflossen ist. Das Ergebnis: Das meiste abgehobene Geld ist in Griechenland geblieben, nämlich 49 Milliarden Euro. Es liegt als Bargeld in Banksafes, in Truhen, auf dem Dachboden oder unter dem Bett, so Venizelos.
Bargeld zuhause
Die Leute haben Angst, dass die Konten irgendwann von Euro auf wertlose Drachme umgestellt werden, da horten sie die Euro lieber als Bargeld daheim. Nur einen kleinen Teil haben die Sparer ins Ausland überwiesen. Aber das sind in der Sprache der Banker nur Peanuts im Vergleich zu jenen möglicherweise 200 Milliarden Euro Schwarzgeld auf geheimen Konten von reichen Griechen.