Nach einem Aufruf von ver.di Sicherheitspersonal an Flughäfen streikt erneut
Während der Tarifstreit des Lufthansa-Bodenpersonals auf eine Schlichtung zusteuert, streikt das Sicherheitspersonal an sechs deutschen Flughäfen heute erneut. Arbeitgeberverbände warnen vor den Folgen von Streiks für das Wachstum.
Wegen weiterer Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals müssen sich Fluggäste in Deutschland auch heute auf Einschränkungen einstellen. An den Flughäfen Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden, Leipzig/Halle sowie Karlsruhe/Baden-Baden rief die Gewerkschaft ver.di ihre Mitglieder zur Teilnahme an Warnstreiks auf. Mehrere Tausend Passagiere sind betroffen.
Streik in Hannover seit Donnerstagabend
Am späten Donnerstagabend traten in Hannover die ersten Beschäftigten in den Ausstand. Mit den Warnstreiks will ver.di vor der nächsten Verhandlungsrunde am 20. März den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Bereits am Donnerstag hatten Warnstreiks des Sicherheitspersonals an fünf deutschen Flughäfen den Betrieb weitgehend zum Erliegen gebracht. Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV wurden mehr als 580 Flugverbindungen abgesagt.
Für den heutigen Freitag rechnet der Flughafenverband ADV mit einer deutlich geringeren Anzahl abgesagter Verbindungen. Während in Dortmund und Weeze ganztägig gar keine Flugzeuge starten sollen, soll in Hannover nur von Mitternacht bis 12 Uhr gestreikt werden. Der Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden kennzeichnete alle sechs für Freitag geplanten Flüge als gestrichen oder umgeleitet. In Dresden sollte der Warnstreik laut ver.di morgens um 4 Uhr beginnen und um 12 Uhr enden, in Leipzig soll von 6 Uhr bis 18 Uhr die Arbeit niedergelegt werden.
Verhandlungen für rund 25.000 Beschäftigte
Bei den Tarifverhandlungen geht es um die Löhne und Arbeitsbedingungen von rund 25.000 Beschäftigten privater Sicherheitsdienstleister. Sie kontrollieren im Auftrag der Bundespolizei Passagiere, Personal und Gepäck an den Zugängen zum Sicherheitsbereich.
In dem Tarifkonflikt gab es bislang fünf Verhandlungsrunden. In einen der anderen aktuellen Tarifkonflikte im Luftverkehr kam am Donnerstagabend noch Bewegung: Ver.di und die Lufthansa kündigten an, in den Tarifverhandlungen für das Bodenpersonal eine Schlichtung anzupeilen. Parallel will ver.di dennoch eine Urabstimmung vorbereiten, um den Boden für "Erzwingungsstreiks" möglich zu machen.
Wissing für "Osterfrieden"
Bundesverkehrsminister Volker Wissing appellierte an die Gewerkschaften, über Ostern auf Arbeitskämpfe im Reiseverkehr zu verzichten. "Ich appelliere an die Gewerkschaften, einen 'Osterfrieden' auszurufen, wenn die Tarifkonflikte bei der Bahn und im Luftverkehr nicht bis zum Start der Ferien beigelegt sind", sagte der Minister der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Gewerkschaften sollten rechtzeitig klarstellen, dass während der Osterzeit nicht gestreikt werde. "Wir müssen auch den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden."
Debatte um Reform des Streikrechts
Vor dem Hintergrund der aktuellen Streiks im Bahn- und Luftverkehr geht auch die Debatte um eine Reform des Streikrechts weiter. "Die Streiks in der kritischen Infrastruktur sind nicht nur ärgerlich, sondern auch Wachstumsbremsen", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter der "Rheinischen Post".
Die volkswirtschaftlichen Schäden treffen ja nicht nur die unmittelbar betroffenen Unternehmen, sondern die gesamte Wirtschaft.
Das Vorgehen der Gewerkschaften bezeichnete Kampeter als "unverhältnismäßig" und forderte den Gesetzgeber zum Handeln auf. "Wir brauchen ein klares Arbeitskampfrecht, ganz besonders für die Bahn und vergleichbare Bereiche."
Schlichtungsverfahren vor einem Streik?
Auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erwartet ein Einlenken der Gewerkschaften ver.di und GDL in den aktuellen Tarifkonflikten bei Bahn und Lufthansa. "Das Streikrecht genießt einen hohen Schutz und das ist auch gut so. Aber wenn die Streiks zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit belasten, kann es natürlich sein, dass der Gesetzgeber eingreift und das Regelwerk anpasst", sagte Grimm in der "Rheinischen Post". So könne man etwa auf die Idee kommen, ein Schlichtungsverfahren vor dem Streik vorzuschreiben.
Aus der Opposition kommen ähnliche Forderungen: Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, fordert ein Streikgesetz mit Pflicht-Vorlaufzeiten für Arbeitskämpfe bei der kritischen Infrastruktur. In ein solches Gesetz "gehören Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeit und die nötigen Vorlaufzeiten für einen Streik in der Daseinsvorsorge und der kritischen Infrastruktur", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Nur so können die Kunden, die auch jetzt bei den Bahnstreiks die größten Opfer sind, rechtzeitig Vorkehrungen treffen."
Ramelow gegen Beschränkungen des Streikrechts
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow zeigte dagegen zuletzt Verständnis für die Streiks. Er positionierte sich gegen Beschränkungen im Streikrecht. Mit Bezug auf die Bahn-Streiks sagte der Politiker der Linkspartei, die Lokführergewerkschaft GDL wende Verfassungsrecht an.
Ich weiß nicht, ob wir die Inanspruchnahme eines Verfassungsrechts auf einmal als lästig ansehen, weil dann wird Demokratie auch lästig, dann wird alles lästig, was nicht so optimal läuft.
Er habe Verständnis für die Menschen, die unter den Arbeitsniederlegungen litten, erklärte Ramelow. "Keine Reise ist derzeit planbar. Und insofern ist Streik immer ein Eingriff in normale Abläufe des Lebens", sagte Ramelow. GDL-Vorsitzender Claus Weselsky vertrete "den Vertrag, in dem die Regeln drin sind". Kollektives Arbeitsrecht sei Teil der Demokratie. Ramelow war in den Jahren 2015 und 2017 zusammen mit dem SPD-Politiker Matthias Platzeck Schlichter bei Bahn-Tarifkonflikten.