Tarifkonflikte bei Luftfahrt und Bahn Wissing ruft zu "Osterfrieden" auf
Derzeit überziehen Arbeitskämpfe den Luft- und Bahnverkehr. Verkehrsminister Wissing hat die Gewerkschaften nun dazu aufgerufen, Rücksicht auf die Bedürfnisse der Menschen zu nehmen. Zum Start der Ferien müsse es einen Osterfrieden geben.
Mehrere Streiks bei der Deutschen Bahn und im Luftverkehr halten derzeit Fahrgäste und Passagiere in Atem. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die Gewerkschaften deshalb ermahnt, zumindest über Ostern auf Arbeitskämpfe im Reiseverkehr zu verzichten.
"Ich appelliere an die Gewerkschaften, einen Osterfrieden auszurufen, wenn die Tarifkonflikte bei der Bahn und im Luftverkehr nicht bis zum Start der Ferien beigelegt sind", sagte der Minister der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Gewerkschaften sollten rechtzeitig klarstellen, dass während der Osterzeit nicht gestreikt werde. "Wir müssen auch den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden."
Familien seien keine Parteien in den Tarifkonflikten. Es brauche den "Osterfrieden", damit Menschen keine Sorge haben müssten, sich über die Feiertage nicht zu sehen. Zudem bekräftigte der Minister seine Überzeugung, dass die Prüfung einer Anpassung des Streikrechts notwendig sei. Das solle aber erst geschehen, wenn die aktuellen Tarifkonflikte beigelegt seien.
90.000 Flugpassagiere sind betroffen
Einigungen sind in den Tarifauseinandersetzungen derzeit nicht in Sicht. So brachten allein heute erneute Warnstreiks des Sicherheitspersonals an fünf deutschen Flughäfen den Betrieb weitgehend zum Erliegen.
Betroffen waren die Standorte Berlin, Hamburg, Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden sowie Köln/Bonn, wo der Arbeitskampf bereits am Mittwochabend begann. In der Regel wurden an den Flughäfen sämtliche Abflüge gestrichen, weil Passagiere und Waren keine Sicherheitskontrollen mehr durchlaufen konnten. Bei den Landungen kam es ebenfalls zu zahlreichen Ausfällen.
Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV dürften mehr als 580 Flugverbindungen abgesagt sein, 90.000 Reisende müssten umplanen. Für Freitag hat ver.di auch in Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden, Leipzig sowie weiterhin in Karlsruhe/Baden-Baden zu Warnstreiks bei den Sicherheitsbeschäftigten aufgerufen.
Branche spricht von "Horrorszenario"
Der Flughafenverband ADV sprach von einem "Horrorszenario für die betroffenen Fluggäste". Die Streiks hätten weitreichende Folgen für die individuelle Mobilität und die Wirtschaftsabläufe. Arbeitskämpfe müssten stets verhältnismäßig und die Ultima Ratio sein. ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel forderte, dass Flughäfen als kritische Infrastruktur "vor Streikeskalationen" geschützt werden sollten.
Der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) machte sich für gesetzliche Spielregeln im kritischen Verkehrsbereich stark. Nötig seien Schlichtungsverpflichtungen, verpflichtende Ankündigungsfristen und Notdienstregelungen. Sie sollen es möglich machen, "eine Mindestversorgung an Mobilität für Menschen und Güter aufrechtzuerhalten".
Ver.di will Stundenlohn anheben
Besonders treffen die Ausstände die Lufthansa. Denn in der Woche zuvor war ihr Bodenpersonal in den Warnstreik getreten. Das Unternehmen konnte nur rund 10 bis 20 Prozent seiner Flüge anbieten. Die Gewerkschaft ver.di verlangt für die 25.000 Lufthansa-Beschäftigten bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 12,5 Prozent mehr Geld, während die Airline bei einer Laufzeit von 28 Monaten bislang 10 Prozent angeboten hat. Heute startete die nächste Verhandlungsrunde.
Im Tarifstreit der aktuell streikenden Luftsicherheit geht es hingegen um die Arbeitsbedingungen von etwa 25.000 Beschäftigten privater Sicherheitsdienstleister. Sie kontrollieren im Auftrag der Bundespolizei Passagiere, Personal und Gepäck an den Zugängen zum Sicherheitsbereich.
Ver.di fordert bei einer Laufzeit von zwölf Monaten eine Stundenlohnerhöhung um 2,80 Euro mit schneller einsetzenden Mehrarbeitszuschlägen ab der ersten Überstunde. Bei dem Konflikt sind bislang fünf Verhandlungsrunden ohne Ergebnis geblieben. Ein sechstes Treffen ist für den 20. März verabredet.
Auch auf Bahn kein Verlass mehr
Die Situation ist für Passagiere auch deshalb nicht einfach, weil aufgrund eines weiteren Tarifstreits bei der Deutschen Bahn derzeit auch auf die Schiene kein Verlass ist. Trotzdem gab es bereits zwei Mal parallele Arbeitskämpfe im Luft- und Zugverkehr.
Nicht immer steht bei den Tarifkonflikten mehr Geld im Mittelpunkt. Knackpunkt im Tarifstreit bei der Bahn ist die Forderung der GDL nach einer kürzeren Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden - bei gleichbleibendem Gehalt.
Bundesregierung hat wenig Verständnis
Das hat zuletzt auch aufseiten der Bundesregierung Kritik ausgelöst. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck etwa hatte Mittwochabend dafür geworben, der Arbeit einen höheren Wert beizumessen, sie als etwas Positives zu begreifen und auch angemessen zu vergüten.
"Jedenfalls wird ein bisschen im Moment zu viel für immer weniger Arbeit gestreikt beziehungsweise geworben. Und das können wir uns in der Tat im Moment nicht leisten", sagte der Grünen-Politiker beim "Zukunftstag Mittelstand". "Ich beobachte eine Mentalität, in der nicht mehr gestreikt wird für höheres Gehalt, sondern für weniger Arbeitszeit", sagte Finanzminister Christian Lindner bei der gleichen Veranstaltung.