AfD-Parteitag Von neuer Harmonie und Machtanspruch
Zum Auftakt des Bundesparteitags hat AfD-Chef Chrupalla den Regierungsanspruch seiner Partei bekräftigt. Sie habe die Grabenkämpfe beendet, mit neuer Harmonie gehe man in die Wahlkämpfe. Auch zu CDU-Chef Merz äußerte er sich.
Die AfD ist in Magdeburg zu ihrem Bundesparteitag zusammengekommen, dem ab Samstag ein mehrtägiger Europaparteitag folgt. Rund 600 Delegierte wollen dort unter anderem über den Kurs in der Europapolitik beraten.
Zum Auftakt lobte Parteichef Tino Chrupalla die neue "Harmonie" im Vorstand. Seiner Ansicht nach ist sie ein Grund für die derzeit guten Umfragewerte der Partei. Nach langen Zeiten der Grabenkämpfe herrsche seit einem Jahr nun "Disziplin, Einigkeit und Harmonie" in der AfD.
"Diese Harmonie werden wir auch in die nächsten Wahlkämpfe tragen", sagte er und betonte gleichzeitig seine gute Zusammenarbeit mit der Co-Vorsitzenden Alice Weidel.
Die AfD dürfe sich aber auf den guten Werten nicht ausruhen, mahnte Chrupalla. Er verwies auf die kommenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Herbst und auf die Abstimmungen in drei Ost-Bundesländern in gut einem Jahr. "Nächstes Jahr können wir in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärkste Kraft werden." Die AfD müsse sich darauf vorbereiten, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Damit formulierte Chrupalla den Machtanspruch seiner Partei. Die AfD sei "bereit für mehr".
Chrupalla greift Merz-Aussagen auf
Mit Blick auf die CDU und ihren Vorsitzenden Friedrich Merz sagte Chrupalla: "Wir sind das Original und niemand anderes." Er bezog sich dabei auf Äußerungen von Merz, der die CDU als "Alternative für Deutschland mit Substanz" bezeichnet hatte. Merz hatte wegen dieser Wortwahl in seiner CDU viel Kritik bis hin zu Entsetzen ausgelöst.
Die von der CDU aufgebaute Brandmauer zur AfD sei "falsch", fuhr Chrupalla fort. Das habe auch Merz erkannt, sagte er mit Blick auf dessen jüngste Äußerungen zu einer möglichen Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene.
Merz hatte kürzlich eine Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD auf Landes- oder Bundesebene zwar abermals ausgeschlossen, zugleich aber erklärt, Kontakte auf lokaler Ebene seien möglich. Dies hatte in der Union breite Kritik hervorgerufen. Merz musste daraufhin seine eigenen Aussagen relativieren und bemühte sich, klarzustellen, dass es "auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben" werde. Doch innerhalb der Union dürfte diese Debatte damit kaum beendet sein.
Das dürfte man auch in der AfD wissen. Von einem "Wackelkurs", den Merz "nicht durchhalten kann", sprach auch Chrupallas Kollegin an der Parteispitze, Alice Weidel, im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
"Aggressive Politik gegen Russland"
Chrupalla sagte in Magdeburg mit Blick auf den Regierungsanspruch und mögliche Koalitionspartner: Die AfD koaliere mit jedem, der Politik im Interesse der Bürger machen wolle. "Ganz klar" schließe seine Partei allerdings eine Koalition mit den Grünen aus.
Seine Kritik richtete der Parteichef vor allem gegen die außenpolitische Linie der Grünen. "Die Grünen wollen Krieg mit China und Russland", sagte Chrupalla. "Dieses Grün ist olivgrün." Die von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verfolgte "wertegeleitete Außenpolitik" habe "Deutschland in den Ukrainekrieg mit hineingezogen". Kritik an dem russischen Angriff auf die Ukraine vermied Chrupalla weitgehend. Er beließ es bei dem einen Satz: "Man muss aber auch sagen, dass Russland Angebote zu Verhandlungen und Vermittlung nicht angenommen hat."
Der Bundesregierung warf Chrupalla eine "aggressive Politik gegen Russland" vor. Er forderte ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland.
Als außenpolitische Leitlinie formulierte Chrupalla die Vorstellung von einer "multipolaren Welt" mit vielen unterschiedlichen regionale Machtzentren. Europa müsse "einseitige Abhängigkeiten abstreifen" und sich auf die eigene Stärke besinnen - "oder Europa bleibt in Gänze ein Anhängsel des Westens", sagte der AfD-Chef. Für eine solche Kurskorrektur wolle die AfD in Brüssel und Straßburg kämpfen. "Das ist unsere Vision von Europa", fügte Chrupalla hinzu.
Lange Debatten über Europawahlliste erwartet
Bevor die Europapolitik ab morgen ganz im Fokus des AfD-Treffens ist, sollen die Delegierten am Nachmittag auf Antrag der Parteispitze über einen Beitritt der AfD zur Europapartei "Identität und Demokratie" (ID) abstimmen, der mehrere rechtsgerichtete Parteien aus anderen europäischen Ländern angehören.
Für den Europaparteitag liegt den Delegierten ein Entwurf des Parteivorstands für ein Programm zur Europawahl 2024 vor, der auf die radikale Umgestaltung der Europäischen Union abzielt.
Den größten Raum dürfte auf dem Parteitag, der am ersten August-Wochenende fortgesetzt wird, die Aufstellung der Kandidatenliste für die Wahl einnehmen. Als aussichtsreicher Anwärter auf Platz eins der Europawahlliste gilt der sächsische AfD-Europaparlamentarier Maximilian Krah. Er ist parteiintern allerdings umstritten, die Nominierung dürfte mit langen Debatten verbunden sein.
Mehrere Bündnisse wollen mit Demonstrationen und Mahnwachen in Magdeburg gegen die AfD protestieren. Heute empfingen rund 50 Demonstrierende die Delegierten am Messegelände in Magdeburg. Sie riefen Parolen wie "Nie wieder Faschismus" und "Haut ab!" Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft.