Nach DeutschlandTrend Wie umgehen mit den AfD-Erfolgen?
Im DeutschlandTrend steigt die AfD zur zweitstärksten Kraft auf. Kanzler Scholz nennt sie eine "Schlechte-Laune-Partei", CDU-Chef Merz erklärt sie zum "Feind". Eine Strategie zum Umgang mit der AfD aber fehlt.
Ein Landratsposten in Thüringen, ein Bürgermeisterposten in Sachsen-Anhalt - und im jüngsten DeutschlandTrend liegt die AfD bundesweit bei 20 Prozent und damit vor der Kanzlerpartei SPD.
Alice Weidel, die Bundessprecherin der AfD, setzt darauf, dass viele Bürger einfach ihrer Enttäuschung Luft machen - zum Beispiel über die Einwanderungspolitik der Bundesregierung. "Der Standort Deutschland wurde so unattraktiv gemacht, dass wir überhaupt keine qualifizierte Zuwanderung mehr anziehen, sondern Armutsmigranten aus aller Welt, die in unser Sozialsystem einwandern", sagt sie.
Nur eine "Schlechte-Laune-Partei"?
Der Bundeskanzler dagegen nennt die AfD eine "Schlechte-Laune-Partei". Die gebe es überall in Europa, sagte Olaf Scholz im ARD-Sommerinterview am vergangenen Sonntag. "Die AfD ist eine Partei, in der sehr viele rechtsextremistische Positionen vertreten werden. Und mit der kann es und darf es keine Zusammenarbeit geben von den demokratischen Parteien."
Zumal die AfD für die Probleme der Zeit auch nicht wirklich Lösungen anbiete, ergänzte am Tag danach der Chef-Interpret des Bundeskanzlers, Regierungssprecher Steffen Hebestreit: "Dass wir jetzt alle auf die AfD gucken und die ganze Zeit nur über die AfD reden, das nützt im Zweifel ausschließlich dieser Partei, die durch jede weitere Berichterstattung, durch jede weitere Fokussierung ohne irgendeinen eigenen Punkt zu setzen, weiter Bekanntheit erlangt und vielleicht auch Zulauf."
Merz erklärt AfD zum "Feind"
Fokussiert auf den Höhenflug der AfD ist auf ihre Weise auch die Union. CDU-Chef Friedrich Merz möchte seine Ankündigung von 2018, wonach er die Wählerstimmen für die AfD halbieren wolle, heute so nicht wiederholen. Dafür erklärte Merz die AfD zum "Feind", im gleichen Atemzug aber auch die Grünen zum politischen Hauptgegner.
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn dagegen machte sich in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" dafür stark, zumindest die Motive rechter Wähler ernst zu nehmen: Wenn man Leuten, die meinten, Migration sollte begrenzt sein oder dass es zwei biologische Geschlechter gebe oder dass sie in ihrer Nachbarschaft keine aus der Türkei finanzierte Ditib-Moschee haben wollten, sage, dass sie rechts sind, dann könne es passieren, dass ein Teil von denen sage: "Ja, dann wähle ich halt rechts."
Sehnsucht nach einer Welt, die es nie gab
Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, vermutet, dass sich AfD-Anhänger nach einer Welt zurücksehnen, die es nie gegeben habe. Dem müssten die anderen Parteien konkrete Vorstellungen entgegensetzen von einer lebenswerten Zukunft.
Zukunftsvisionen sind doch eigentlich das Geschäftsfeld der Grünen. Aber die geben sich "erschüttert" von den jüngsten Wahlerfolgen der AfD im Osten. Maximale Distanz heißt die Botschaft von Grünen-Chefin Ricarda Lang: "Die AfD füttert bewusst Ängste und schürt auf dieser Basis Hass. Sie hat kein Interesse daran, dass es dem Land gut geht. Ganz im Gegenteil: Sie will, dass es den Menschen schlecht geht, so dass sie dann wiederum Angst als Nährboden nutzen kann."
Monopol auf politischen Widerspruch?
Der Kolumnist Harald Martenstein dagegen kommt wieder auf die Union zurück: Die mache halt keine richtige Opposition im Bundestag, so dass der AfD quasi das Monopol zufalle auf politischen Widerspruch, sagte Martenstein bei "Welt TV": Es gebe so viele Dinge, die den Leuten auf die Seele drückten. "Die ungeregelte Migration, die Inflation, die abwandernden Arbeitsplätze - und nun sollen sie nicht mal drüber reden - weil das als rechts gilt, wenn man bestimmte Probleme anspricht."
Martenstein empfiehlt, Kooperationen mit dem weniger extremen Teil der AfD zu suchen - auch die Linke oder die einst recht radikalen Grünen hätten sich durch politische Zusammenarbeit zivilisiert.
CDU-Kooperationen mit Linkspartei?
Die CDU hatte im Bund 2018 per Parteitagsbeschluss eine Kooperation mit der AfD und auch mit der Linkspartei ausgeschlossen. Vor allem in Ostdeutschland, wo nächstes Jahr in drei Bundesländern gewählt wird, machen diese "Brandmauern" Regierungsbildungen schwierig. Der Thüringer CDU-Politiker Mike Mohring zeigte sich nun offen für Gespräche seiner Partei mit der Linkspartei nach der Landtagswahl im kommenden Jahr.
Die Linkspartei sei im Osten nicht mit der AfD gleichzusetzen. "Bei der AfD sitzen Leute, die wegen Volksverhetzung angeklagt sind. Bei der Linken sitzen solche nicht", sagte Mohring, der auch CDU-Vorstandsmitglied ist, dem Portal "The Pioneer". Die AfD kommt einer aktuellen Umfrage zufolge in Thüringen auf 34 Prozent. Der Verfassungsschutz stuft sie als erwiesen rechtsextrem ein.