"Fridays for Future" Zehntausende demonstrieren für mehr Klimaschutz
In mehr als 100 deutschen Städten sind Menschen zum Auftakt des sogenannten globalen "Klimastreiks" auf die Straße gegangen. Die Kundgebungen hatten deutlich weniger Zulauf als noch vor einigen Jahren.
Mehr als 75.000 Menschen haben sich in Deutschland nach Angaben von "Fridays for Future" an Protesten und Kundgebungen für mehr Klimaschutz beteiligt. Die Klimabewegung hatte weltweit zu Protesten aufgerufen, um einen schneller Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas und ein Ende aller fossilen Investitionen zu fordern.
"Wir waren heute mit Zehntausenden auf der Straße und haben gezeigt, dass Menschen in der eskalierenden Klimakrise nicht tatenlos bleiben wollen, während die Bundesregierung es nicht schafft, Konzepte für sozialgerechte Klimapolitik umzusetzen", betonte Annika Rittmann von "Fridays for Future" Deutschland. Offizielle Angaben der Polizei zur Gesamtzahl der Teilnehmenden liegen hingegen noch nicht vor.
Kritik an Regierung und Opposition
In vielen deutschen Städten gingen Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf die Straßen - etwa in Berlin, München, Hamburg und Hannover. In der Hauptstadt demonstrierten nach Angaben der Veranstaltenden und der Polizei mehrere Tausend Menschen. Auf Plakaten waren Sprüche zu lesen wie "Stoppt den Klimawandel", "Oma ich dachte, es gibt 4 Jahreszeiten" oder "Lasst die Erde nicht zu lang im Ofen, sonst verbrennt sie!".
Sowohl die Bundesregierung als auch die Opposition standen bei einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt in der Kritik. Statt den Klimawandel überzeugend zu bekämpfen, würden Autobahnen ausgebaut und Klimagesetze abgeschwächt, hieß es. Der Schriftsteller Marc-Uwe Kling, der mit den Känguru-Chroniken bekannt wurde, forderte mehr Einsatz der Politik. Allein durch individuelle Veränderungen könne der ökologische Kollaps nicht aufgehalten werden, sagte Kling.
Deutlich weniger Teilnehmende
Die Polizei in München schätzte die Teilnehmerzahl auf etwa 2.600 Teilnehmer. In Köln hatten die Veranstalter laut Polizei 3.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für einen Protestzug angemeldet, in Düsseldorf 600 und in Dortmund 400. Laut der Polizei in Hannover waren dort etwa 1.000 Demonstranten unterwegs.
Vor Beginn der Corona-Pandemie gingen in Deutschland teils Hunderttausende Menschen für den Klimaschutz auf die Straße. Inzwischen hat die Klimabewegung deutlich an Zulauf verloren.
Nach Ansicht von Simon Teune, Protestforscher an der Freien Universität Berlin, ist der Rückgang an Teilnehmenden nicht ungewöhnlich. Proteste seien sehr stark von den öffentlich sichtbaren Stimmungen abhängig. In den letzten Monaten sei die AfD sehr erfolgreich damit gewesen, die anderen Parteien mit ihrer Politik vor sich herzutreiben, sagte der Wissenschaftler. Deswegen sei für die Klimakrise derzeit wenig Platz, auch wenn sie immer noch sehr präsent sei.
Andere Krisen im Vordergrund
Teune zufolge gibt es wenig, was die Protestorganisation in solch einer Situation tun kann. "Man muss weiter an den Themen dranbleiben, man kann Angebote machen." "Fridays for Future" sei sehr aktiv, indem sie etwa das Klimathema auch auf andere Themen anwende und mit Gewerkschaften zusammenarbeite.
Nach Ansicht von Sprecherin Carla Reemtsma hat "Fridays for Future" zuletzt auch wegen anderer Krisen wie der Corona-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine oder der Energiekrise an Zulauf bei ihren Demonstrationen verloren.
Die Bewegung mache niemandem einen Vorwurf, sich gerade mit anderen Fragen zu beschäftigen. "Gleichzeitig ist ganz klar, die Politikerinnen und Politiker sind unabhängig davon in der Verantwortung, unsere Lebensgrundlage zu schützen", sagte Reemtsma im Deutschlandfunk.
Globaler "Klimastreik"
Weltweit sind heute in zahlreichen Städten wie New York, Brüssel, Rio de Janeiro und Neu-Delhi Kundgebungen geplant.
Immer mehr Menschen seien von den Folgen der Klimakrise betroffen, hieß es im Aufruf zum Aktionstag, etwa mit Blick auf Überschwemmungen in Süddeutschland und die Brände im Amazonas.