Nach Angriff an FU Berlin Klein fordert Antisemitismusbeauftragte an Unis
Der Antisemitismusbeauftragte Klein hat nach der Attacke auf einen jüdischen Studenten in Berlin Universitäten aufgefordert, konsequent gegen Judenhass vorzugehen. Alle rechtlichen Mittel seien auszuschöpfen, sagte auch Ministerin Stark-Watzinger.
Nachdem ein jüdischer Student in Berlin angegriffen wurde, hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung deutsche Hochschulen zu einem stärkeren Engagement gegen Judenfeindlichkeit aufgefordert. Im Morgenmagazin von ARD und ZDF warf Felix Klein der Leitung der Freien Universität in Berlin vor, nicht ausreichend gegen Hass und Hetze vorgegangen zu sein.
Hochschulen müssten mit den Mitteln des Hausrechts und des Ordnungsrechts einschreiten, wenn jüdische Studierende und Hochschullehrer bedroht oder bei pro-palästinensischen Kundgebungen Hass gegen Israel verbreitet würden, sagte Klein. An allen Hochschulen müssten Antisemitismusbeauftragte ernannt werden.
Kritik an mangelnder Solidarität in der Bevölkerung
Mit Blick auf muslimische Migranten müsse der Staat von Anfang an klar machen, dass Hetze gegen Juden und Antisemitismus in Deutschland nicht geduldet würden. Klein lobte die Haltung führender deutscher Politiker, die nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober klar ihre Solidarität mit Israel bekundet hätten. Bei der deutschen Bevölkerung vermisse er aber eine breite Solidarisierung. Bei Demonstrationen, die sich auf die Seite Israels gestellt hätten, sei die Beteiligung eher gering gewesen.
Ein 23-jähriger pro-palästinensischer Student soll in der Nacht auf Samstag in Berlin einen 30 Jahre alten Kommilitonen jüdischen Glaubens mit Fausthieben und Tritten schwer im Gesicht verletzt haben. Das Opfer ist Enkel eines der Ermordeten des Olympia-Attentats von München 1972 und Bruder des Comedian Shahak Shapira.
Stark-Watzinger fordert Konsequenzen
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erklärte, solche und ähnliche Vorfälle müssten konsequent geahndet werden: "Für Antisemitismus darf es auch und gerade an deutschen Hochschulen keinen Platz geben." Die FDP-Politikerin appellierte ebenso wie Klein an alle Universitäten, konsequent gegen Antisemitismus einzuschreiten. "Hochschulen sind Orte maximaler Freiheit, aber sie sind keine rechtsfreien Räume", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Antisemitismus müsse klare Konsequenzen haben. Hochschulleitungen müssten von allen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen: "Ein Wegsehen ist inakzeptabel."
Zuvor hatte auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, harte Konsequenzen gefordert, etwa den Ausschluss von der Uni: "Wenn der Kampf gegen Antisemitismus ernst genommen wird, müssen antisemitische Straftaten zur Exmatrikulation führen." Universitäten dürften keine "No-go-Areas" für Juden werden.
Chialo warnt vor Gefahren für die Gesellschaft
Berlins Kultursenator Joe Chialo sieht die Judenfeindlichkeit in Deutschland als ernste Gefahr für das ganze Land: "Wenn es beim Thema Antisemitismus einen Dammbruch gibt, bin ich sicher, unsere Gesellschaft ist verloren", sagte der CDU-Politiker dem Zeit-Magazin. Der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei für ihn eine Zäsur gewesen. Das Schweigen der Kulturszene dazu habe er als "dröhnend" empfunden.
Chialo hatte im Januar für Kontroversen gesorgt, weil er die Kulturförderung des Berliner Senats unter anderem von einem Bekenntnis gegen Antisemitismus abhängig machen wollte. Aus Teilen der Politik und der Kulturszene wurde ihm daraufhin ein Angriff auf die Kunst- und Meinungsfreiheit vorgeworfen. International gab es sogar Boykottaufrufe gegen deutsche Kultureinrichtungen. Chialo musste die sogenannte Antidiskriminierungsklausel dann aufgrund rechtlicher Bedenken wieder zurückziehen.
Im Zeit-Magazin sagte Chialo dazu, man könne Israel und die Regierung von Benjamin Netanyahu durchaus kritisieren. Doch bei aller Kritik gelte: Wer in Berlin das Existenzrecht Israels infrage stelle, in der Stadt, in der die Nazis auf der Wannsee-Konferenz den Massenmord an den Juden organisiert hatten, der dürfe nicht mit Steuergeldern gefördert werden.