Vor Holocaust-Gedenktag Verbände warnen vor Erstarken rechtsextremer Kräfte
Bundesweit wird am Samstag mit vielen Veranstaltungen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Anlässlich des Gedenktags warnen Vertreter aus Politik, Verbänden und Kirche vor rechtem Hass und Hetze.
Anlässlich des Holocaust-Gedenktags an diesem Samstag haben Vertreter von Religionsgemeinschaften, Verbänden und Regierung die Bedeutung der Erinnerungskultur hervorgehoben und vor einem Erstarken rechtsextremer Kräfte gewarnt.
So forderte das Internationale Auschwitz Komitee ein härteres Vorgehen gegen rechtsextreme Strukturen in Deutschland und Europa. Netzwerke von Verschwörungslügnern und Hetzern habe man viel zu lange gewähren lassen, kritisierte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner. Die damit verbundene Bedrohung des Rechtsstaates habe man unterschätzt. Erneut wuchere "menschenfeindlicher und antisemitischer Hass in vielen Ländern Europas", so Heubner. Gerade deshalb seien die Überlebenden den Hunderttausenden Menschen dankbar, die sich in diesen Tagen dem Vergessen entgegenstellten.
"Anfänge des Nationalsozialismus nicht vergessen"
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nutzte den bevorstehenden Gedenktag um vor einer Zunahme judenfeindlicher Haltungen zu warnen. "In Deutschland und auch in Niedersachsen erleben wir leider einen wieder deutlich zunehmenden Antisemitismus", sagte Weil. Umso wichtiger sei es, die Erinnerung wach zu halten. "Wir dürfen die Anfänge des Nationalsozialismus nicht vergessen."
Diese Auffassung teilt auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, und erklärte, "eine Erinnerung ohne die Verpflichtung im Hier und Jetzt zu handeln und alles dafür zu tun, dass solches Unrecht nie wieder geschieht", bleibe "unvollkommen".
"Gerade jetzt, wo manche dieses Menschheitsverbrechen verharmlosen oder vergessen wollen, müssen wir die Erinnerung wachhalten. Wir müssen weitertragen, was uns die letzten noch lebenden Zeitzeugen mitgegeben haben", erklärte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die am Samstag an der Gedenkstunde im ehemaligen Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück teilnehmen wird.
Zentralrat der Juden betont Bedeutung der Gedenkstätten
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hob indes die wichtige Rolle der Gedenkstätten und ehemaligen Vernichtungslager hervor, die einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Erinnerung an den Holocaust leisteten. Die Stätten stärkten "unsere lebendige Demokratie", betonte Präsident Josef Schuster und forderte eine angemessene Förderung der Institutionen.
"Diese pädagogische Arbeit muss von Bund und Ländern ausreichend finanziell ausgestattet werden, um den hohen Anspruch an Gedenkstättenbesuche gerecht zu werden", sagte Schuster. Mit den schwindenden Zeugen des Holocausts rückten die Gedenkstätten noch stärker in den Fokus. "Sie sind für das Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft unentbehrlich."
Kirchenvertreter: Soziales Klima vergiftet
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, erklärte, die Erinnerung an den Holocaust sei nicht nur ein Rückblick, sondern mache deutlich, dass Würde und Rechte jedes Menschen zu achten seien.
Bätzing sagte, die rechtspopulistische Propaganda habe zuletzt wesentlich zur Vergiftung des sozialen Klimas beigetragen: "Manche Beiträge zur Debatte um Migration und Integration sind von Fremdenfeindlichkeit, wenn nicht gar Rassismus geprägt." Es sei für ihn aber eine ermutigende Erfahrung, dass in den vergangenen Wochen Hunderttausende Personen auf die Straßen gegangen seien, um gegen die soziale Ausgrenzung von Menschen und für den demokratischen Rechtsstaat einzutreten, erklärte der Limburger Bischof.
Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus
Am Samstag wird international der Opfer des Holocaust gedacht. In Deutschland ist der Tas des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus seit 1996 ein gesetzlich verankerter Gedenktag. Er erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau vor 79 Jahren, am 27. Januar 1945. In der Bundesrepublik sind zahlreiche Kranzniederlegungen und Gedenkveranstaltungen geplant.