Cannabis-Gesetz Neuer Grenzwert für den Straßenverkehr
Ab April darf Cannabis zum Teil legal konsumiert werden. Wer aber kifft und danach Auto fährt, riskiert weiterhin den Führerschein. Wie viel Cannabis ist am Steuer erlaubt? Experten haben einen Grenzwert vorgeschlagen.
Die Teillegalisierung von Cannabis ist endgültig beschlossen. Das vom Bundestag und Bundesrat verabschiedete Gesetz tritt zum 1. April in Kraft.
In den vergangenen Tagen hatte die Union Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aufgefordert, das Gesetz nicht zu unterschreiben. Doch das Bundespräsidialamt hatte keine Einwände gegen das Gesetz erhoben. Es ist wie von der Bundesregierung geplant ab Ostermontag gültig.
Expertenkommission legt neuen Grenzwert fest
Eine zentrale Frage, die bis zuletzt offenblieb, war: Wie viel Cannabiskonsum ist im Straßenverkehr erlaubt? Welcher Grenzwert gilt in Zukunft?
Mit diesen Fragen hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP eine Expertenkommission beauftragt. Auf wissenschaftlicher Grundlage soll ein Grenzwert ermittelt werden, hieß es aus dem Ministerium. Experten und Verbände wie der Automobil-Club ADAC begrüßten das Vorgehen.
"Klar ist, dass mit der Sicherheit im Straßenverkehr nicht experimentiert werden darf", sagte ein ADAC-Sprecher. Der Konsum der Droge könne die Wahrnehmung verändern und das Reaktionsvermögen negativ beeinflussen. Vor allem Personen, die in Folge der Teillegalisierung Cannabis mal ausprobieren wollen, seien sich womöglich der bewusstseinsverändernden Wirkung und der Gefahren nicht bewusst.
Änderung muss noch beschlossen werden
Die Expertenkommission mit Fachleuten aus den Bereichen Medizin, Recht, Verkehr und von der Polizei ist nun zu einem Ergebnis gekommen. Sie schlägt als Grenzwert 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) je Milliliter Blutserum vor. THC ist der Wirkstoff der Cannabis-Pflanze, der hauptsächlich für die Rauschwirkung verantwortlich ist.
In der Empfehlung an das Verkehrsministerium heißt es: "Bei Erreichen dieses THC-Grenzwertes ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend." Das heißt, es kann ab diesem Wert womöglich von einer Wirkung ausgegangen werden.
Das Bundesverkehrsministerium ergänzt: "Bei dem vorgeschlagenen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC im Blutserum handelt es sich nach Ansicht der Experten um einen konservativen Ansatz, der vom Risiko vergleichbar sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille."
Doch dieser Grenzwert muss erst noch vom Gesetzgeber beschlossen werden. Vor dem 1. April ist das zeitlich nicht mehr zu schaffen.
Bisherige Rechtslage gilt vorerst weiter
Nach der aktuellen Rechtslage handelt jeder ordnungswidrig, der "unter Wirkung" bestimmter berauschender Mittel ein Kraftfahrzeug führt. Zu diesen Mitteln gehört Cannabis. Und eine Wirkung liegt vor, wenn die Droge im Blut nachgewiesen werden kann.
Das bedeutet: Das bisherige absolute Verbot, unter Einfluss von Cannabis Auto zu fahren, gilt vorerst fort. Ein konkreter Grenzwert wie von der Expertenkommission jetzt vorgeschlagen oder wie 0,5 Promille bei Alkohol steht bisher nicht im Gesetz.
Sanktionen: Geldbuße, Fahrverbot, Punkte
Allerdings hat sich in der Rechtsprechung ein Wert durchgesetzt, nämlich 1,0 Nanogramm THC im Blut. Ab diesem Wert im Blut der getesteten Person drohen Sanktionen: bis zu 3.000 Euro Geldbuße, bis zu drei Monate Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg. Ausgenommen ist Cannabis als Arzneimittel, das vom Arzt verschrieben wurde.
Über den 1,0-Nanogramm-Wert wird unabhängig von der Cannabis-Teillegalisierung schon länger diskutiert. Er sei so niedrig, dass er lediglich den Konsum von Cannabis nachweise, erklärt der ADAC. Einen zwingenden Rückschluss auf die verkehrssicherheitsrelevante Wirkung lasse dieser Wert nicht zu. Beim Verkehrsgerichtstag 2022 sprachen sich Experten dafür aus, diesen Wert "angemessen" heraufzusetzen.
Cannabis ist im Vergleich zu Alkohol schwieriger zu messen: Der THC-Gehalt sei relativ lange im Blut nachweisbar, selbst wenn die berauschende Wirkung längst wieder nachgelassen habe, erklären Mediziner.
Mehr Verkehrsunfälle wegen Cannabis?
Mit Blick auf Kiffen in Verbindung mit Alkohol zeigt sich die vom Verkehrsministerium eingesetzte Expertenkommission deutlich strenger als beim Grenzwert. Sie empfiehlt, für Cannabis-Konsumenten Alkohol am Steuer ganz zu verbieten. Der Mischkonsum stelle im Straßenverkehr ein besonderes Risiko dar.
Kritiker der Teillegalisierung rechnen in Zukunft mit mehr Verkehrsunfällen wegen Cannabis am Steuer. Für den ADAC hängt dies eher davon ab, wie gut und intensiv die Bevölkerung über die erhöhten Unfallrisiken aufgeklärt werde. Dabei müsse auch darüber informiert werden, dass das Fahren unter Drogen strafbar bleibt.