Südamerika Uruguay als Vorbild bei der Cannabis-Legalisierung?
Uruguay war 2013 das erste Land der Welt, das die Herstellung, den Verkauf und den Konsum von Marihuana legalisiert hat. Das Ziel: Schwarzmarkt und Kriminalität eindämmen. Ist das gelungen?
"Einer muss ja den Anfang machen", sagte Uruguays linker Präsident José Mujica, kurz bevor sein Land einen weltweit einzigartigen Schritt in der Drogenpolitik unternahm. Anbau, Verkauf und Konsum von Marihuana sollten unter staatlicher Aufsicht legal werden.
Mujica erklärte damals: "Wenn wir Marihuana legalisieren, dann zerstören wir den Schwarzmarkt. Denn wir werden die Drogen viel billiger verkaufen als die kriminellen Banden. Und in medizinischer Hinsicht haben wir einen besseren Überblick über die Konsumenten und können besser aufklären."
"Das bedeutet auch ein Stück Freiheit"
Denkbar knapp ging die Entscheidung im Dezember 2013 im uruguayischen Kongress aus. Heute gibt es drei legale Möglichkeiten, an Marihuana zu gelangen: Man kann es in einer lizensierten Apotheke kaufen, selbst anbauen oder Mitglied in einem offiziellen Cannabis-Club werden.
Xavier hat gerade ein kleines Tütchen in der Apotheke gekauft. "Ich habe nicht genug Platz zu Hause, um es selbst anzubauen", erzählt er der Nachrichtenagentur Reuters. "Und ich rauche auch nicht so viel, dass sich die Mitgliedschaft in einem Klub lohnen würde. Nur mal zwischendurch zum Entspannen, meist am Wochenende. Deswegen ist das für mich die beste Option."
Umgerechnet rund zehn Euro hat Xavier für fünf Gramm bezahlt. Dass Kiffen in seinem Land legal ist, findet er gut. "Es war früher ein Problem, daran zu kommen und das Gras hatte oft schlechte Qualität. Ich musste dafür in dubiose Läden gehen, um es zu kaufen. Und es war gegen das Gesetz. Man durfte zwar kiffen, aber Anbau und Kauf waren illegal. Jetzt haben wir als Konsumenten Rechte und das bedeutet auch ein Stück Freiheit."
Der Schwarzmarkt ist nicht verschwunden
Trockengelegt hat die Legalisierung den Schwarzmarkt allerdings noch lange nicht: immer noch geht rund die Hälfte aller Konsumenten zum Dealer. Vor allem, weil sie sich nicht registrieren lassen wollen - denn das ist Pflicht bei den offiziellen Verkaufsstellen.
Das ist ein Problem, sagte der Jurist Alejandro Abal kürzlich dem uruguayischen Sender Radiomundo. "Viele Menschen aus den unteren sozialen Schichten wollen nicht registriert werden, weil sie vielleicht ein irreguläres Arbeitsverhältnis haben und mit ihren Daten nirgendwo auftauchen wollen." Es gebe zudem viel zu wenig Orte zum Verkauf: "In der Hauptstadt Montevideo ist das kein Problem, aber in ländlichen Regionen gibt es kaum autorisierte Apotheken und Klubs, da ist es einfacher, sich das weiterhin illegal zu beschaffen."
Gestiegen ist die Zahl der Kiffer seit der Legalisierung nicht signifikant; auch nicht die mit problematischem, also gesundheitsgefährdendem Konsum. Das legen erste Studien nahe. Trotzdem bemängelt Abal eine gewisse Sorglosigkeit bei dem Thema. "Auf jeder Zigarettenschachtel sind Hinweise, die vor den Gesundheitsrisiken des Rauchens warnen. Bei Cannabis habe ich diese Hinweise noch nie gesehen, dabei kann auch Kiffen gefährlich sein, vielleicht sogar noch mehr als Rauchen."
Neue Jobs und mehr Steuereinnahmen
Jeder Zweite bezieht heute sein Gras auf legalem Weg. Das kann man auch positiv sehen, sagt Guillermo Raffo, Vizepräsident des Verbandes der Cannabis-Klubs in Uruguay: Denn das bedeute, dass man dem Schwarzmarkt innerhalb weniger Jahre die Hälfte der Kunden entzogen habe. Zudem spüle dieser neue Markt viel Geld in die öffentlichen Kassen und schaffe Jobs, die es vorher nicht gab.
Aber das Gesetz müsse jetzt weiterentwickelt werden, fordert Raffo. "Es war ein Experiment, für das es weltweit kein Vorbild gab: Man hat nur den Verkauf und den Konsum im Auge gehabt. Aber man darf den Markt und die Produktion nicht so stark reglementieren." Die Produktion müsse ausgeweitet werden und die medizinische Nutzung von Cannabis sei bislang vollkommen vernachlässigt worden, bemängelt Raffo. "Es gibt noch viel nachzubessern, damit sich dieses Gesetz weiterentwickelt."
Einfach wird das nicht, denn mittlerweile wird Uruguay konservativ regiert, Präsident Luis Lacalle Pou hält die Legalisierung für einen Fehler. Und eine vollkommene Liberalisierung wäre auch problematisch angesichts der zunehmenden Macht der Drogenkartelle auf dem Kontinent.
Die werde man auf diese Weise sowieso nicht eindämmen, sagte Daniel Radío von der Nationalen Drogenbehörde Uruguays kürzlich bei einem öffentlichen Forum. Es gehe vielmehr darum, die Kiffer von diesem Markt abzukoppeln, indem man sie nicht mehr in die Illegalität treibt. "Die großen Drogenhändler leben nicht vom Cannabis. Aber es ist unsere Aufgabe, Konsumenten zu schützen, dass sie nicht gezwungen sind, sich mit ihnen einzulassen, um an das Gras zu kommen." Denn nicht das Kiffen sei schlecht, sondern die Verbindung zur Drogenwelt. "Deswegen haben wir die Verantwortung, weiter an unserem Gesetz zu arbeiten. Aber die Regulierung ist unumkehrbar."