Teillegalisierung von Cannabis So sollte man ein Gesetz besser nicht machen
Das Cannabis-Gesetz ist mutig, doch viele Punkte sind noch ungeklärt - eine Steilvorlage für die Kritiker. Doch gerade die haben es versäumt, ein Gegenkonzept einzubringen.
Die Entscheidung für das Cannabis-Gesetz und damit für die Teillegalisierung ist mutig. Die Bundesregierung geht damit einen neuen Weg in der Drogenpolitik. Weniger mutig und vielmehr chaotisch wirkte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Vorbereitung des Gesetzes.
So gibt es nun wenige Tage vor dem Inkrafttreten immer noch offene Fragen, zum Beispiel beim Blick auf den künftigen Grenzwert im Straßenverkehr. Die ungeklärten Punkte waren und sind eine Steilvorlage für die Gegner.
Mehrere Teile des Gesetzes nicht nachvollziebar
Es gibt mehrere Teile des Gesetzes, die nicht nachvollziehbar sind: Das Kiffen wird zum 1. April legal, legal kaufen kann man die Droge weiter nicht. Erst ab dem 1. Juli kann sie legal bezogen werden - als Mitglied in einem Anbauverein. In der Zwischenzeit kann der Schwarzmarkt noch mal schön Kasse machen und seinen meist verunreinigten, gefährlichen Stoff verticken.
Dass die Kritik der Innen- und Justizminister nicht berücksichtigt wurde, könnte Lauterbach noch auf die Füße fallen: Verurteilte Cannabis-Konsumenten sollen rückwirkend freigesprochen werden, wenn ihre Straftat künftig nach den neuen Regeln legal ist. Diesen Teil des Gesetzes hätte man zeitlich nach hinten verschieben können und sollen, um Staatsanwaltschaften und Gerichte nicht unnötig zu belasten.
Eine Chance, die gescheiterte Drogenpolitik zu beenden
Die Ampel-Regierung hätte dem Gesetzgebungsprozess mehr Zeit geben und die Bedenken der Kritiker stärker berücksichtigen müssen. Doch trotz dieser Kritik bietet das Gesetz eine Chance, die bisher gescheiterte Drogenpolitik zu beenden. Wer weiß, wie stark der Cannabis-Konsum in den vergangenen Jahren unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen angestiegen ist, wie viele Menschen dadurch in die Drogenabhängigkeit geraten, kann nicht die Hände in den Schoß legen und sagen, wir machen weiter wie bisher.
Die Kritiker - allen voran CDU und CSU - haben es versäumt, ein Gegenkonzept in die Debatte einzubringen, eine Alternative zur Teillegalisierung. Und mit der Aussage mancher Unionspolitiker vor der Abstimmung im Bundesrat, nicht an dem Gesetz arbeiten, sondern es stoppen zu wollen, wenn es in den Vermittlungsausschuss kommt, haben sie dem demokratischen Prozess geschadet und genau das Gegenteil erreicht.
Es gilt, Fehlentwicklungen aufzuspüren
Erst diese "Blockade mit Ansage" hat dazu geführt, dass sich viele Ampelpolitiker in den Ländern gegen den Vermittlungsausschuss entschieden haben. Die Union hätte dort das aus ihrer Sicht Schlimmste noch verhindern können. Chance vertan.
Jetzt kommt das Gesetz, wie es auf dem Tisch liegt. Immerhin: Es ist so angelegt, dass dessen Wirkung, insbesondere auf den Kinder- und Jugendschutz, in regelmäßigen Abständen auf den Prüfstand soll.
Das müssen Lauterbach und alle anderen Befürworter nun ernst nehmen. Nur so kann Vertrauen in die neue Drogenpolitik entstehen. Es gilt, Fehlentwicklungen aufzuspüren, Fehler einzugestehen, das Gesetz zu ändern oder gar wieder zu kippen, wenn Wirkung und Ziel verfehlt werden. So wird nicht nur die Einführung, sondern auch der Umgang mit dem Gesetz und die Weiterentwicklung Mut brauchen.
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