Nach Beschluss im Bundestag Ärztepräsident warnt vor Cannabis-Legalisierung
Das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis stößt bei der Bundesärztekammer auf Kritik. Deren Präsident forderte die Länder auf, die Regelung im Bundesrat aufzuhalten.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat die Bundesländer aufgefordert, das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Cannabis-Legalisierung im Bundesrat aufzuhalten und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Auch bei den Ländern gebe es aufgrund vielfältiger Warnungen von Ärzteschaft, Justiz, Polizei und Pädagogen über die Parteigrenzen hinweg erhebliche Bedenken, sagte Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Der richtige Ort, um diese Bedenken zu artikulieren, sei der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, sagte der Mediziner und fügte hinzu: "Hier muss dieses Gesetz frei von parteipolitischen Zwängen noch einmal grundsätzlich überdacht werden." Die Länder können das Gesetz über den Bundesrat zwar verzögern, aber nicht verhindern.
"Selbst gesetzte Ziele eklatant verfehlt"
Nach einer turbulenten Debatte hatte der Bundestag in Berlin die Teilfreigabe von Cannabis für Erwachsene beschlossen. Das Gesetz sieht vor, dass vom 1. April an Personen ab 18 Jahren bis zu 25 Gramm Cannabis zum eigenen Verbrauch besitzen dürfen. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum legal werden
Von Juli 2024 an soll zudem der gemeinschaftliche Anbau in Cannabis-Clubs ermöglicht werden, aus dem die Clubmitglieder begrenzte Mengen beziehen dürfen. Für die Clubs und den öffentlichen Konsum gibt es zahlreiche Regeln. Die Innenminister der Bundesländer halten sie für nicht praktikabel.
Ärztepräsident Reinhardt sieht das gegenüber dem RND ähnlich: "Das Cannabisgesetz ist ein kleinteiliger, politischer Formelkompromiss, der die selbst gesetzten Ziele eklatant verfehlt." Jugendliche würden nicht geschützt, sondern großen Risiken ausgesetzt. Justiz und Polizei würden nicht entlastet, sondern gravierend überlastet.
Kritik von Fachärzten und Polizeigewerkschaft
Die Fachärzte für Psychotherapie und Psychiatrie hatten nach dem Beschluss des Gesetzes ihre Kritik bekräftigt, die im Gesetz vorgesehene Altersgrenze von 18 Jahren sei zu niedrig. In diesem Alter sei die Hirnentwicklung noch nicht abgeschlossen, regelmäßiger Cannabis-Konsum könne zu großen Schäden führen, erklärte die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.
Auch die Gewerkschaft der Polizei forderte die Bundesländer auf, das Gesetz über den Bundesrat zu korrigieren. Es sei zu befürchten, dass sich der zu erwartende Cannabis-Boom zu einem wahren Konjunkturprogramm zur Förderung der Organisierten Kriminalität entwickeln werde.