Umriss des Kosovo auf einer Flagge mit sechs Sternen, stellvertretend für die sechs Balkanländer, die der EU beitreten möchten.
Hintergrund

Möglicher EU-Beitritt Die Kandidaten auf dem Balkan

Stand: 17.05.2018 11:22 Uhr

Sechs Balkanstaaten wollen künftig Mitglied in der EU sein. Doch welcher der potenziellen Neulinge hat die größten Chancen? Und welche Hürden müssen die Kandidaten noch überwinden?

Albanien

Hauptstadt: Tirana

Fläche: 28.750 Quadratkilometer

Einwohner: 2,9 Millionen

Albanien wurde 2014 zum möglichen EU-Kandidaten ernannt. Bislang werden aber lediglich Vorgespräche geführt, Verhandlungen wurden noch nicht eröffnet. Die EU-Kommission hatte im April allerdings ihre Empfehlung ausgesprochen, die Verhandlungen offiziell zu beginnen. Der Staat kämpft vor allem noch mit einer hohen Drogenkriminalität und dem organisierten Verbrechen. Auch das zu ineffektive Justizsystem hatte die EU wiederholt kritisiert. Hier könnte eine neue Reform Fortschritte bringen, die auch für die anderen Balkanstaaten Vorbild werden könnte: Korrupte Richter und Anwälte sollen ihre Posten verlieren und ersetzt werden.

Bosnien-Herzegowina

Hauptstadt: Sarajevo

Fläche: 51.197 Quadratkilometer

Einwohner: 3,5 Millionen

Bislang ist Bosnien-Herzegowina nur ein potenzieller und kein offizieller Beitrittskandidat. Über die Möglichkeit wird zwar seit 2003 debattiert, doch erst vor zwei Jahren stellte das Land tatsächlich den Aufnahmeantrag. Das größte Problem des Staates: Eine politische Führung und damit auch Reformen sind kaum möglich, zu groß sind die Streitigkeiten zwischen den drei Volksgruppen im Land. Vorwiegend leben muslimische Bosnier in dem Balkanland, neben orthodoxen Serben und katholischen Kroaten.

Mazedonien

Hauptstadt: Skopje

Fläche: 25.713 Quadratkilometer

Einwohner: 2,1 Millionen

Mazedonien hat eigentlich gute Chancen, zügig in die EU aufgenommen zu werden. Doch seit der Ernennung zum Kandidaten 2005 tut sich nichts, trotz Regierungswechsel im vergangenen Jahr - weg von konservativen Nationalisten hin zum neuen Ministerpräsidenten Zoran Zaev.

Bis 2016 hatte Regierungschef Nikola Gruevski das Land geführt. Kritiker warfen ihm einen autoritären Regierungsstil vor. Landesweite Massenproteste endeten schließlich im politischen Umschwung.

Doch das größte Hindernis auf dem Weg in die EU ist der Dauerstreit mit Griechenland um den Staatsnamen Mazedonien. Da es ebenfalls eine griechische Region mit dem gleichen Namen gibt, fürchtet Athen, dass der Nachbarstaat Mazedonien Gebietsansprüche stellen könnte. Jegliche Vermittlungsversuche durch die EU sind bislang gescheitert.

Die EU-Beitrittskandidaten auf dem Balkan

Sonja Keilmann, ARD-aktuell, tagesschau 17:00 Uhr

Montenegro

Hauptstadt: Podgorica

Fläche: 13.812 Quadratkilometer

Einwohner: 620.000

Der von der Fläche her kleinste Kandidat ist gleichzeitig der aussichtsreichste. Bereits zwei Jahre, nachdem die Kandidatur 2010 anerkannt wurde, wurden die offiziellen Verhandlungen aufgenommen. Mittlerweile sind 30 der sogenannten Beitrittskapitel eröffnet, die regeln, ob der jeweilige Staat in bestimmten Bereichen dem EU-Standard entspricht. Drei von ihnen - Bildung, Wissenschaft und Außenbeziehungen - konnten vorläufig abgeschlossen werden. Weiterer positiver Faktor ist Montenegros NATO-Beitritt im vergangenen Jahr.

Mit Skepsis betrachten einige EU-Staaten allerdings den amtierenden Staatspräsidenten Milo Djukanovic: Er bestimmt die politischen Geschicke des Ministaates seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten. Die Opposition wirft ihm vor, Montenegro wie seinen Familienbesitz zu führen und sein Millionenvermögen auf zweifelhafte Weise mit seiner Nähe zur Mafia aufgebaut zu haben.

Kosovo

Hauptstadt: Pristina

Fläche: 10.900 Quadratkilometer

Einwohner: 1,8 Millionen

Neben Bosnien-Herzegowina gilt auch der Kosovo bislang nur als "potenzieller" Kandidat. Die ehemalige serbische Provinz sagte sich erst 2008 von Serbien los und wurde ein unabhängiger Staat. Bis heute erkennen Serbien sowie fünf EU-Länder - Griechenland, Zypern, Rumänien, die Slowakei und Spanien - die Unabhängigkeit nicht an.

Immer wieder drohen die Spannungen zwischen Kosovo-Albanern, der größten Bevölkerungsgruppe des Staates, und den Serben neu aufzuflammen. Der Konflikt eskalierte 1998 und 1999 im Kosovo-Krieg. Die NATO unterstütze die Kosovo-Befreiungsarmee, an dem Einsatz waren auch deutsche Soldaten beteiligt.

Bis heute fehlen dem jungen Staat demokratische Strukturen, Korruption und Kriminalität beherrschen das Land. Trotz Milliardenhilfen vonseiten der EU und der USA hat es der Kosovo bislang nicht geschafft, sich zu stabilisieren.

Serbien

Hauptstadt: Belgrad

Fläche: 88.360 Quadratkilometer

Einwohner: 7,1 Millionen

Aus Sicht der EU-Kommission ebenfalls ein Favorit in Sachen Beitritt. Allerdings belasten die Spannungen mit dem Kosovo die Verhandlungen. Seit der Staat 2012 Kandidat wurde, sind zwölf der insgesamt 35 Beitrittskapitel eröffnet worden - abgeschlossen sind die Kapital Bildung und Wissenschaft.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 17. Mai 2018 um 11:00 Uhr in einem Schwerpunkt.