Großdemo gegen Regierung in Mazedonien Zehntausende vereint gegen Gruevski
Großdemonstration in Mazedonien: In der Hauptstadt Skopje haben Zehntausende den Rücktritt des konservativen Ministerpräsidenten Gruevski gefordert. Die Protestbewegung ist groß - und vereint viele Nationalitäten im Balkanland.
Von Stephan Ozsváth, ARD-Hörfunkstudio Südosteuropa
Aus allen Teilen des Landes sind sie nach Skopje gekommen, in die mazedonische Hauptstadt. Zehntausende sind es - Junge und Alte. Ethnische Albaner und slawische Mazedonier demonstrierten ihre Einigkeit, indem sie albanische und mazedonische Flaggen in die Höhe hielten. Und sie sind sich einig in der Ablehnung der Regierung. Ein Mann aus Gostivar schimpfte gegen Premier Nikola Gruevski und gegen den mitregierenden Albaner-Führer Ali Ahmeti: "Die haben uns verraten", sagte er. Auch im Ausland demonstrierten Mazedonier gegen die Regierung und dokumentierten dies per Twitter.
Ein weiterer Demonstrant, ein junger Mann, hat einen Magister-Abschluss, findet aber keinen Job. So wie ihm geht es vielen. "Wir erwarten eine bessere Zukunft", erklärte er. "Alle Jobs werden nach Parteizugehörigkeit vergeben. Auf den Posten sitzen Leute, die nicht qualifiziert sind und diese Jobs nicht verdienen."
Opposition fordert Neuwahlen
Der sozialdemokratische Oppositionsführer Zoran Zaev hatte im Vorfeld der Demonstration erneut eine Übergangsregierung und Neuwahlen gefordert. Er wirft der Regierung Gruevski Wahlbetrug, Korruption und illegales Abhören von 20.000 Bürgern vor: "Dieser Prozess wird mit der Kundgebung beginnen und hoffentlich mit dem Rücktritt von Gruevski enden. Wenn er nicht zurücktritt, werden wir so lange dort bleiben. Das ändert sich nur, wenn es erfolgreiche Gespräche gibt über den Rücktritt, eine Übergangsregierung und wenn es Neuwahlen gibt."
Zu Beginn der Kundgebung vor dem Regierungssitz in Skopje spielte die Opposition erneut Telefonmitschnitte vor, die ein denkbar schlechtes Licht auf die Regierung werfen. Seit Februar präsentierten die Sozialdemokraten immer wieder solche Mitschnitte, um die Vorwürfe gegen die Regierung zu belegen. Zwei Minister und der Geheimdienstchef hatten ihre Ämter in der vergangenen Woche niederlegen müssen.
"Habe nicht vor, zurückzutreten"
Premier Gruevski hatte am Samstagabend einen Rücktritt erneut abgelehnt: "Ich habe von den Bürgern Mazedoniens in freien und demokratischen Wahlen vor einem Jahr ein Mandat bekommen. Ich respektiere dieses Vertrauen. Und ich habe nicht vor, zurückzutreten", sagte der Konservative im regierungsnahen Fernsehsender Sitel.
EU-Beitritt könnte in weite Ferne rücken
Der konservative Gruevski regiert seit 2006. Die Opposition wirft ihm einen autoritären Regierungsstil vor. EU und USA hatten in den vergangen Wochen vergeblich versucht, zu vermitteln. Der österreichische Botschafter in Skopje, Thomas Baier, warnte im Sender "Radio Free Europe", Mazedoniens EU-Beitrittsgespräche könnten in Gefahr geraten. Das Balkanland ist seit zehn Jahren Kandidat. Ein Veto Griechenlands blockiert die EU-Annäherung Mazedoniens.
Eine Schießerei in Kumanovo am vergangenen Wochenende zwischen Albanern und der Polizei hatte die Furcht vor einem Bürgerkrieg genährt. Die Opposition wirft der Regierung vor, den Konflikt inszeniert zu haben, um von der Krise abzulenken. 2001 hatte es einen Albaneraufstand gegeben, ein Bürgerkrieg wie in Bosnien konnte nur mit internationaler Hilfe verhindert werden.