Debatte über Gesetz So will Frankreich gegen Fast Fashion vorgehen
Von heute an debattiert Frankreichs Parlament über einen Gesetzentwurf, der die sogenannte Fast Fashion-Konzerne regulieren soll. Im Gespräch sind Aufschläge für Billigklamotten und ein Werbeverbot.
Ein Kleid für 15 Euro und ein T-Shirt für eins fünfzig. Passant Ilian trägt Oberhemd, Anzughose und Lederschuhe und erklärt, aus seiner Sicht sei es ein Klischee, dass die Französinnen und Franzosen nur Designermode trügen. "Fast Fashion heißt die Konkurrenz", sagt er.
Gegen die Wegwerfmode wird im Land der Haute Couture nun ein Gesetzentwurf debattiert, eingebracht von der Partei Horizons, eine der drei im Präsidentenlager. Die Abgeordnete Anne-Cécile Violland hat es initiiert und erklärt die Hintergründe:
"Die Textilbranche produziert exzessiv und das führt zu exzessivem Konsum. Das wirkt sich auf die Umwelt aus - die Textilbranche ist für zehn Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, mehr als der gesamte Luftverkehr."
Sechs Kilo CO2 pro T-Shirt
Mit vier Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr ist die Textilbranche die drittschmutzigste Industrie. Jedes T-Shirt steuert sechs Kilo CO2 bei. Denn für Polyester braucht man Erdöl und Baumwollanbau ist pestizidintensiv wie keine andere Kultur.
Die Umweltorganisation "Les Amis de la Terre" spricht von 3,3 Milliarden in Frankreich verkauften Kleidungsstücken, eine Milliarde mehr als noch 2013. Besonders im Visier: der chinesische Online-Mode-Händler Shein.
Die Abgeordnete Violland beklagt "eine totale Invasion dieser großen Ketten, die dazu führt, dass französische Firmen nach und nach schließen." Sie wendeten nicht dieselben Methoden an wie die billig produzierende Konkurrenz, "die die Rechte der Arbeiter in den Herstellerländern nicht einhält und sie toxischen Stoffen aussetzt." Das wirke sich in ganz Europa aus.
70 Prozent der verkauften Kleidung ist Fast Fashion
Doch die Verkaufszahlen belegen: Fast Fashion liegt weltweit im Trend. Chinas Gigant Shein hat seinen Umsatz in drei Jahren um 900 Prozent gesteigert. Und eine Studie des Marktforschers Kantar belegt: 2022 waren auch in Frankreich 70 Prozent der verkauften Kleidung Fast Fashion. Das Gesetz soll nun informieren, und dazu anregen, das Verhalten zu ändern und so nachhaltigen Konsum fördern.
Gesetzes-Initiatorin Violland findet, niemand könne behaupten, er habe den wahren Preis dieser Mode für Umwelt, Mensch und Markt nicht gekannt.
Sanktionieren will sie Billigmode anhand dreier Kriterien: "exzessive Produktion, Niedrigpreise und aggressive Werbung. Bis 2030 wollen wir bis zu zehn Euro pro Kleidungsstück, maximal aber 50 Prozent des Kaufpreises aufschlagen. Es wird ein Sockel eingeführt, wie viele Referenzen am Tag erneuert werden. Shein bringt täglich 7.200 neue Modelle auf den Markt. 900 Mal mehr als französische Händler.“
Ein Bonus für "made in France"?
Bei der spanischen Marke Zara seien es laut "Les Amis de la terre" gerade 500 in einer Woche. Es wird eine gesetzgeberische Gratwanderung, Fast und Ultra Fast Fashion zu definieren.
Man könne aber auch die Produktion verlangsamen und falle dann unter den Sockel. All das solle staatlich kontrolliert werden.
Frankreichs Textilbranche begrüßt, was ökologisch und gegen unfaire Konkurrenz ist. Auch politisch findet der Gesetzentwurf Zustimmung und viele rufen sogar nach mehr: nach einem Fast Fashion-Importlimit oder einem Made in France-Bonus. Die konservativen Républicains warnen, das geplante Werbeverbot greife zu sehr in die freie Wirtschaft ein.
Werbeverbot als Mittel der Wahl
Werbung für Fast Fashion soll dem Vorschlag zufolge künftig verboten werden. Influenzerinnen, die im Internet vor Hunderttausenden Followern genüsslich ihre Pakete auspacken, könnten damit der Vergangenheit angehören. Und Gesetzesinitiatorin Violland geht noch weiter, es solle nicht nur mindestens so strenge Regeln wie in der Alkoholwerbung geben:
Wir müssen dieser Industrie die Maske herunterreißen und jede Form der Werbung verbieten! Und das auf europäischer Ebene.
Um zu verhindern, dass in Frankreich jährlich Hunderttausende Tonnen Kleidung weggeworfen werden, gibt es ein Antiverschwendungsgesetz, das auch Fast-Food-Ketten recycelbares Geschirr vorschreibt. Seit Ende 2023 existiert ein Reparaturbonus für Kleidung.
"Alles hängt von der Qualität ab", erklärt Céline, gekleidet in Top, Jeans und Sneakers. Doch sie fügt hinzu: "Bei Fast Fashion ist der Stoff so schlecht, da Geld in die Reparatur zu stecken? Lohnt sich nicht!" Sie werfe die Sachen eben weg oder spende sie.