Trends auf dem Modemarkt "Fast Fashion" wird ein bisschen langsamer
Auf dem Modemarkt tut sich was: Bekannte Marken verschwinden, neue Labels drängen in den Markt. Nachhaltigkeit spielt eine wachsende Rolle - und die Produktion in Europa ist stärker gefragt.
Die Frankfurter Zeil ist eine der umsatzstärksten Einkaufsstraßen in Deutschland - und sie verändert täglich ihr Gesicht: Viele bekannte Marken und Modehändler sind insolvent, schließen zum Teil ihre Filialen oder verkleinern sich zumindest: Galeria Karstadt Kaufhof, Esprit, Peek & Cloppenburg, Görtz, Reno und zuletzt Hallhuber. Unternehmen, die hauptsächlich im mittleren Preissegment unterwegs sind, hat es hart getroffen.
Anders sieht es im unteren und oberen Preissegment aus: Discountmarken sind die Inflationsgewinner, und die Klientel der Luxusmarken ist von den aktuellen Preissteigerungen unbeeindruckt.
"Die Marken müssen für einen bestimmten Lifestyle stehen, eine bestimmte Gruppe ansprechen und dahingehend ihr Profil schärfen", sagt Achim Berg, Experte für die Modebranche bei der Unternehmensberatung McKinsey. "Nur wer sich immer wieder neu erfindet und seine Kunden nicht aus den Augen verliert, kann bestehen." Grundsätzlich werde die Mode zwar immer schneller, gleichzeitig sei aber auch Nachhaltigkeit immer stärker gefragt.
Interesse an nachhaltiger Mode wächst
Aktuell verursacht die Modeindustrie etwa zehn Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Gleichzeitig wächst die Zahl derjenigen, die sich für nachhaltige Mode interessieren.
Die Umweltorganisation Greenpeace bestätigt in einer Studie ein wachsendes Bewusstsein für einen nachhaltigeren Umgang mit Mode: Hatte 2015 eine erwachsene Person in Deutschland im Durchschnitt 95 Teile im Schrank hängen, waren es 2022 nur noch 87 Teile. Ein Rückgang von 340 Millionen Kleidungsstücken pro Jahr in Deutschland.
Produktion kehrt nach Europa zurück
Auch die Europäische Kommission beabsichtigt, Textilien bis 2030 langlebiger und recyclingfähiger zu machen. Produktionsbedingungen werden stärker ins Visier genommen. Mehr als die Hälfte der Verantwortlichen in der Modebranche möchte eine lokalere Produktion, die sich besser kontrollieren lässt, heißt es in einer Branchenanalyse von McKinsey.
Hoch im Kurs steht neben Polen und Rumänien derzeit die Textilindustrie in Portugal, auch weil der Staat kräftig in diese Branche investiert hat, so Berg. "Dazu kommt ein gut ausgebildetes Fachpersonal und ein niedriger Mindestlohn von 887 Euro pro Monat."
Textil-Boom in Portugal
Rund um die Stadt Porto in Portugal boomt das Geschäft. Hier leistet sich die Branche ein eigenes Forschungs- und Innovationszentrum. Das bestehende Erfolgsrezept: Nachhaltigkeit, die Verwertung von Abfall oder Reststoffen.
Ein Beispiel ist der Stoffhersteller Valerius 360. Das Geschäftsmodell des Unternehmens: Aus umliegenden Textilunternehmen bekommt Valerius Stoffreste, sieben Tonnen am Tag. Was früher im Abfall landete, wird hier zerkleinert und zu neuem Garn verarbeitet. "Wir haben kaum Baumwollproduktion in Europa. Wir müssen das alles aus anderen Ländern holen. Hier in dieser Produktion können wir Garn aus recyceltem Stoff herstellen, damit verringern wir Abhängigkeiten", so Managerin Ana Tavares.
Kann Mode gar nicht nachhaltig sein?
Eines der bekanntesten deutschen Labels für nachhaltige Mode, das mit Valerius zusammenarbeitet, ist Armedangels. Kataya Kruk ist verantwortlich für die Nachhaltigkeitsstrategie. Ausgerechnet sie sagt, Nachhaltigkeit und Mode schlössen einander aus: "Jedes Stück, das zum Kleiderschrank kommt, ist eine zusätzliche Belastung für die Umwelt. Es ist superwichtig, dass die Kleidungsstücke verantwortungsvoll hergestellt werden, aber es ist auch wichtig, wieviel wir konsumieren."
Weniger ist also mehr: Seit 13 Jahren macht das Kölner Unternehmen Mode. Und bringt vier Kollektionen pro Jahr heraus. Damit grenzt sich Armedangels deutlich von den sogenannten Fast-Fashion-Unternehmen ab, die bis zu 24 Kollektionen jährlich auf den Markt werfen.
Auch "Fast Fashion" will nach Europa
Doch auch viele "Fast-Fashion"-Labels planen, Teile ihrer Produktionen zurück nach Europa zu holen. Wenn auch nicht vorrangig aus Nachhaltigkeitsgründen. "Die Marken können so noch schneller neue Kollektionen in Läden bringen und Transport- und Lagerkosten sparen", so der Branchenexperte Achim Berg. Das sei nicht möglich, wenn man die Produktion in Südostasien oder China habe.
Nachhaltigkeit und die Nähe zu mitteleuropäischen Absatzmärkten: Zwei Trends, die Portugals Textilindustrie einen Boom beschert haben. Dieser Boom wird wohl anhalten - oder sogar noch größer werden. Viele insolvente Kleidungsketten in Deutschland suchen nach neuen Strategien. Eine ist sicherlich die nachhaltige Mode - allerdings zu einem möglichst günstigen Preis.