Krankenhaus in Gaza-Stadt "Schifa ist gefährlich geworden"
Tausende Menschen haben im Schifa-Krankenhaus Zuflucht gesucht. Der Klinikdirektor sagt, israelische Panzer hätten einen Teil des Gebäudes beschossen. Inzwischen wurde es nach palästinensischen Angaben weitgehend geräumt.
Tausende Menschen ziehen die Salah-al-Din-Straße entlang, Richtung Süden. Viele schleppen Taschen oder Rucksäcke mit sich. Einer von ihnen ist Ahmed al-Shaik Khalil. "Ich war im Schifa-Krankenhaus. Ich hätte nie gedacht, dass es eines Tages angegriffen wird. Es ist doch eigentlich geschützt", erzählt er. "Ich hätte sterben können, meine Familie hätte sterben können. Die Situation ist wirklich schlecht geworden. Wenn Krankenhäuser angegriffen werden, wo soll ich dann noch hingehen?"
Das Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt ist das größte Krankenhaus im Gazastreifen. Ärzte und Pflegekräfte versorgen nicht nur die vielen Verletzten. Das Krankenhaus war für Tausende Menschen ein Zufluchtsort. Sie campierten in der Nachbarschaft. Dort fühlten sie sich etwas sicherer.
Hamas soll sich unter Krankenhaus verschanzen
Die israelische Armee vermutet unter dem Klinikkomplex eines der Hauptquartiere der Terrororganisation Hamas. Schon vor Tagen hat sie Fotos, Grafiken und abgehörte Telefonate vorgelegt. Sie belegen aus ihrer Sicht, dass die Hamas Teile des Krankenhauses nutzt und im Untergrund eine Kommandozentrale hat.
Neben den Patienten befinden sich auch Schutzsuchende im Krankenhaus.
Deshalb geht die Armee auch dort gegen die Hamas vor. Der Klinikdirektor sagt, israelische Panzer hätten einen Teil des Gebäudes beschossen. Es sollen Menschen getötet und verletzt worden sein. Auch Karam al-Sawafiri war am Krankenhaus. "Wir haben am Schifa-Krankenhaus Schutz gesucht. Die Entbindungsstation wurde getroffen, ein Fahrzeug wurde getroffen und eine Wohnung in der Nähe." Er habe Angst um seine Familie, die Kinder, die Älteren. "Es gab eine Menge Angriffe und Bomben, sogar neben dem Schifa-Krankenhaus. Wir wussten nicht, wo wir schlafen sollten. Schifa ist gefährlich geworden."
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Auch al-Sawafiri hat sich auf den Weg in den Süden gemacht. Auf Bildern der Nachrichtenagentur Reuters ist zu sehen, wie Eselskarren an ihm vorbeiziehen. Das Surren einer Drohne ist zu hören. Nach Angaben der israelischen Armee sind in den vergangenen Tagen mehr als 100.000 Menschen vom Norden des Gaza-Streifens in den Süden gegangen. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen waren es allein gestern 30.000.
Mehr als 100.000 Menschen sind inzwischen in den Süden des Gazastreifens geflohen.
Hoffnung auf Freilassung von Geiseln
In Tel Aviv haben Familien der Hamas-Geiseln am Abend mit Gesängen und Gebeten an das Schicksal ihrer Angehörigen erinnert. Auf einem Plakat steht "Gefangenenaustausch jetzt". Snait Gissis ist hergekommen, um die Angehörigen zu unterstützen: "Ich denke, die Geiseln zurückzuholen, sollte die allerhöchste Priorität bei der Regierung haben - hat es aber nicht. Deshalb sind wir hier: Um jeden daran zu erinnern."
Seit Tagen gibt es Andeutungen, die Hamas würde eine größere Zahl Geiseln freilassen. Medien berichten, der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad sei in Katar, um zu verhandeln. Es gebe aber noch viele offene Fragen.
Armee-Sprecher Daniel Hagari bleibt bei dem Thema allgemein: "Wir arbeiten Tag und Nacht daran, die Geiseln zurückzuholen. Diese Bemühungen sind komplex und noch nicht abgeschlossen. Es wird dauern. Wir werden keine Gelegenheit auslassen, um die Geiseln nach Hause zu holen. Militärisch, geheimdienstlich und zivil."
Wenn eine Freilassung bevorsteht, werden nach seinen Worten erst die Angehörigen informiert und dann die Öffentlichkeit über die offiziellen Kommunikationskanäle. Nach Angaben der israelischen Armee sind etwa 240 Menschen in der Gewalt der Hamas und anderer extremistischer Gruppen im Gazastreifen. Vier Frauen wurden bisher freigelassen, eine Soldatin konnte befreit werden.