Ultraorthodoxe Juden besuchen die Grabstätte von Rabbi Schimon Bar Jochai auf dem Berg Meron.

Reform der Wehrpflicht Israel startet Einberufung von Ultraorthodoxen

Stand: 21.07.2024 05:21 Uhr

Israels Armee verschickt die ersten Einberufungsbriefe an junge ultraorthodoxe Juden. Sie waren bisher von der Wehrpflicht ausgenommen. Das könnte auch zur Zerreißprobe für die Regierung von Premier Netanyahu werden.

Seit es Israel gibt, sind ultraorthodoxe Juden von der Wehrpflicht ausgenommen. Sie sollen sich voll und ganz auf ihr Religionsstudium konzentrieren können. Doch das Gesetz für diese Ausnahme ist ausgelaufen. Die Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu hat bisher keine Nachfolge-Regelung gefunden. Die ultraorthodoxen Parteien in der Koalition wollen, dass es bei der Ausnahme bleibt und drohen, die Regierung platzen zu lassen.

Die Wehrpflicht für Ultraorthodoxe ist in Israel seit Jahrzehnten umstritten. Denn es geht um das Verhältnis von Staat und Religion. Viele Israelis finden die Ausnahme ungerecht. Außerdem braucht die Armee dringend mehr Personal - durch den Krieg in Gaza, die Bedrohung durch die Hisbollah im Libanon und für die Besatzung des Westjordanlands.

Armee will 3.000 Ultraorthodoxe gewinnen

Also beginnt die Armee nun damit, Ultraorthodoxe zwischen 18 und 26 Jahren einzuberufen. In einem ersten Schritt will sie erstmal 1.000 Briefe verschicken. Zwei Wochen später soll dann die nächste Runde starten. Insgesamt will die Armee in den nächsten zwölf Monaten 3.000 Ultraorthodoxe für sich gewinnen - zusätzlich zu den etwa 1.800, die sich jedes Jahr freiwillig zum Dienst melden.

Die ersten Einberufungen sollen an Ultraorthodoxe gehen, die arbeiten, studieren oder einen Führerschein haben. Die Armee geht davon aus, dass sie nicht ihren gesamten Alltag dem Religionsstudium widmen und sie leichter ins Militär zu integrieren sind. Schon jetzt gibt es spezielle Einheiten. Dort können die Soldaten regelmäßig beten, kosher essen und werden von Rabbis unterrichtet.

Mit den Briefen werden die Wehrpflichtigen aufgefordert, sich in den nächsten zwei Wochen beim Militär zu melden. Bis zum Dienstbeginn können dann mehrere Monate oder sogar Jahre vergehen.

Rabbiner rufen zum Boykott auf

Einflussreiche Rabbiner rufen ihre Schüler auf, die Briefe der Armee zu ignorieren. Immer wieder demonstrieren Ultraorthodoxe gegen die Wehrpflicht. Ein Argument: Die Armee macht uns zu Atheisten. Die streng-religiösen Männer befürchten also, ihre Lebensweise nicht beibehalten zu können.

Den Wehrdienst zu verweigern, ist in Israel nicht möglich. Wer mehrere Einberufungsschreiben ignoriert, darf nicht mehr das Land verlassen und kann im Militärgefängnis landen.