Nach Angriff auf Hilfsorganisation Biden verschärft Ton gegenüber Israel
Nach dem tödlichen Angriff auf eine Hilfsorganisation ist die Empörung in den USA groß. US-Präsident Biden fordert besseren Schutz durch Israel. Im Wahlkampf sorgt das auch für Diskussionen.
US-Präsident Joe Biden hat seine Kritik an Israels Kriegsführung deutlich verschärft - und erstmals mit Konsequenzen gedroht. Rund eine halbe Stunde hat Biden mit Israels Premierminister Benjamin Netanyahu telefoniert.
Im Anschluss sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, Israel müsse konkrete Schritte zum besseren Schutz von Hilfsorganisationen und Zivilisten einleiten - und zwar "in den kommenden Stunden und Tagen", betonte Kirby.
Wir wollen wirkliche Veränderungen auf israelischer Seite sehen. Wenn wir keine Veränderung auf ihrer Seite sehen, wird es Veränderungen auf unserer Seite geben müssen.
Welche Konsequenzen damit gemeint sind, ob die USA etwa einen Teil ihrer Militärhilfe an Israel einstellen würden, wollte Kirby nicht sagen. Bisher schreckt Präsident Biden vor einem solchen Schritt zurück.
Angriff auf Hilfsorganisation
Nach dem tödlichen Angriff auf die Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) im Gazastreifen ist die Empörung in den USA deutlich gewachsen. Der Chef der Organisation, der in den USA lebende Spanier José Andrés, beschuldigte Israel, den Hilfskonvoi vorsätzlich beschossen zu haben.
"Das war nicht nur einfach Pech, eine Situation nach dem Motto: Ups, wir haben das falsche Ziel bombardiert. Nein, es war ein angemeldeter, klar identifizierbarer humanitärer Konvoi, mit Kennzeichen auf dem Dach der Fahrzeuge", sagte Andrés der Nachrichtenagentur Reuters.
Biden unter Druck
Biden steht aufgrund seiner Israel-Politik auch im Präsidentenwahlkampf unter Druck. Vor allem jüngere Wählerinnen und Wähler und insbesondere muslimische Amerikanerinnen und Amerikaner äußern immer lauter ihren Unmut.
Bei einem Abendessen im Weißen Haus bekam der Präsident das direkt zu spüren. Der palästinensisch-amerikanische Arzt Thaer Ahmad, gerade selbst von einem Hilfseinsatz im Gazastreifen zurückgekehrt, schilderte Biden die vielen Toten, Verletzten und Hungernden, die er gesehen hatte - und verließ dann vorzeitig den Raum.
„Wir trauern um diese Menschen. Und aus Respekt vor den Menschen in Gaza musste ich diesen Tisch verlassen“, so Ahmad im Fernsehsender ABC.
"Gefahr, dass nur leere Worte bleiben"
Bidens Drohung mit einem Politikwechsel, falls Israel seinen Kurs nicht ändert, bedeute ein hohes Risiko, betont Richard Haass, ehemaliger Leiter der Denkfabrik "Council on Foreign Relations". Seit Kriegsbeginn habe sich Netanyahu von Kritik unbeeindruckt gezeigt:
"Wir sammeln seit sechs Monaten Beweise, dass Überzeugungsversuche nicht funktionieren, dass öffentliche Kritik an Israel nicht funktioniert. Die Gefahr ist, dass auch jetzt nur leere Worte bleiben", betonte Haass gegenüber dem Nachrichtensender CNN.
Sein Fazit: Biden könne bestenfalls die Lieferung bestimmter Waffen und Munition an Bedingungen knüpfen. Die für Israel lebenswichtige Militär- und Finanzhilfe ganz einzustellen, könne sich kein US-Präsident leisten.