Biokraftstoffe bei Flugzeugen Wie die Luftfahrt sauber werden will
Auch die weltweite Luftfahrt muss ihre CO2-Emissionen massiv senken, um Klimaziele zu erreichen. Biokraftstoffe für Flugzeuge sind dabei in den Fokus gerückt. Wie weit ist die Branche?
Wie können wir in Zukunft möglichst klimaneutral fliegen? Diese Frage wird in den kommenden Tagen eines der großen Themen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin sein. Dabei geht es für die Branche um mehr als einen grünen Anstrich. Längst haben Airlines, Flughäfen und Industrie verstanden, dass sie jetzt liefern müssen. Längst bestimmen Politik-Modewörter wie "Energiewende am Himmel" die Agenda. Aber wie werden Flugzeuge in Zukunft angetrieben. Mit Wasserstoff? Elektrisch? Das ist noch völlig unklar. Und so liegt der Fokus derzeit auf Biokraftstoffen, die mittelfristig klimaschädliches Kerosin ersetzen sollen.
Die Zielvorgabe ist klar: Bis 2050 soll die Luftfahrt sauber sein - klimaneutral und nachhaltig. Der CO2-Ausstoß muss runtergefahren werden. Und so sind Biokraftstoffe, in der Branche als SAF ("Sustainable Aviation Fuel") bekannt, derzeit erste Wahl. Denn diese alternativen Brennstoffe können ohne Problem dem fossilen Treibstoff beigemischt werden. Triebwerke müssen dafür nicht nachgerüstet werden. Vor mehr als einem Jahrzehnt haben Airlines weltweit schon erfolgreich Tests mit SAF-Beimischungen geflogen. Aber Biosprit ist nach wie vor ein Nischenprodukt, da es viel teurer ist als herkömmliches Kerosin.
"Die Zukunftstechnologien der Luftfahrt zur Einsparung von Klimagasen sind der Schlüssel für einen erfolgreichen Standort und die Erreichung der Pariser Klimaziele", sagt die Grünen-Politikerin Anna Christmann, Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. Sie spricht von einer "gemeinsamen Kraftanstrengung", die jetzt nötig sei, um das Ziel einer klimaneutralen Luftfahrt möglichst schnell und umfassend zu erreichen.
Pilotanlage für synthetisches Kerosin
SAF lässt sich in verschiedenen Verfahren herstellen. Zum Beispiel aus Speiseresten, aus flüssigen Altfetten, genauso sind Abfälle aus Agrar- und Forstwirtschaft dafür nutzbar. Ein anderer Weg sind synthetische Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL), die aus Wasserstoff und dem CO2 der Umgebungsluft hergestellt werden können. Dafür ist viel Erneuerbare Energie nötig. Derzeit gilt PtL-Kerosin als vielversprechende Technologie.
"Heute ist PtL-Kerosin bestimmt noch viel teurer als Bio-SAF", sagt Manfred Aigner, Projektleiter SAF am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Wir haben noch keine Fabrik, die PtL in großen Mengen herstellt, deshalb kennen wir auch noch keinen genauen Preis. Aber wenn wir zehn Jahre in die Zukunft schauen und dann große Produktionsanlagen haben, dann müsste das PtL billiger werden als Bio-SAF", glaubt Aigner, der mehr als zwei Jahrzehnte als Direktor des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik geforscht hat.
Wenige Kilometer vom Frankfurter Flughafen entfernt entsteht gerade die nach Angaben eines privaten Betreibers weltgrößte Produktionsanlage für synthetische Kraftstoffe. Die Lage im Industriepark Frankfurt-Höchst erscheint günstig, denn das dort anfallende Kohlendioxid kann zusammen mit Wasserstoff (der aus "grünem Strom" hergestellt wird) für die Produktion des nachhaltigen Kerosins verwendet werden. Geplante Jahreskapazität: 3500 Tonnen. Es gehe darum, Erfahrungen für die industrielle Massenproduktion zu sammeln, sagt Hessens grüner Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir.
Riesiger Bedarf an Biokerosin
Allein in Deutschland werden jährlich rund zehn Millionen Tonnen Kerosin verflogen. Um die Pariser Klimaziele zu erfüllen, hat die Bundesregierung unter anderem eine gesetzliche Quote von zwei Prozent PtL bis 2030 vorgeschrieben. Das entspricht 200.000 Tonnen klimafreundlichem Kerosin. Ein ehrgeiziges Ziel. "Es wird sehr schwierig, das Ziel von 2030 noch zu erreichen, aber ich bin überzeugt, wir müssen es versuchen, dass wir wenigstens in die Nähe kommen", sagt Aigner. Wenn Deutschland das Ziel um ein Jahr verfehlen würde, ginge nicht gleich die Welt unter. "Nur wenn wir uns jetzt keine Mühe geben, das Ziel zu erreichen, dann werden wir es auch nicht 2040 erreichen", ist sich der Wissenschaftler sicher.
Auch die EU drängt, dass in Europa nachhaltig geflogen wird. Ein "Fit-for-55"-Klimapaket sieht für in der EU beginnende Flüge eine kontinuierlich steigende Beimischungsquote für nachhaltige Kraftstoffe vor. Die EU plant eine verpflichtende Quote von zwei Prozent bereits ab 2025, bis 2050 sollen mindestens 63 Prozent beigemischt werden. Das Paket ist aber noch nicht beschlossene Sache.
"Build Back Better" heißt es jetzt auch in den Vereinigten Staaten. US-Präsident Joe Biden will die Wirtschaft ökologisch umbauen, im Einklang mit dem Pariser Klimavertrag. In Nordamerika sollen bis 2050 sämtliche Flüge mit SAF-Biokraftstoffen betrieben werden. Das Energieministerium in Washington rechnet damit, dass die jährlichen Forst- und Agrarabfälle ausreichen, um mehr als 60 Milliarden Liter SAF herzustellen. Das würde gut drei Viertel des heutigen US-Bedarfs an Kerosin abdecken.