UNEP-Bericht zu Erderwärmung Fast drei Grad mehr bis zum Jahr 2100
Mit den derzeitigen Zusagen wird sich die Welt voraussichtlich um bis zu 2,9 Grad bis 2100 erwärmen - das geht aus einem neuen UN-Bericht hervor. Zwei Wochen vor Beginn der Klimakonferenz in Dubai fordern die Experten mehr Klimaschutz.
Trotz eindringlicher Warnungen und der immer stärker spürbaren Folgen des Klimawandels bewegt sich die internationale Gemeinschaft bei ihren derzeitigen Klimaschutzzusagen auf eine gefährliche Erderwärmung von fast drei Grad zu. Das ist das Ergebnis des sogenannten Emissions-Gap-Report, den das UN-Umweltprogramm (UNEP) anderthalb Wochen vor der Weltklimakonferenz in Dubai vorgelegt hat.
In dem Bericht ermittelt das UNEP alljährlich die Lücke zwischen den real zu erwartenden Emissionen in den kommenden Jahren und den Werten, die für eine Erreichung der Pariser Klimaziele notwendig wären.
Drei Szenarien
Wenn die gegenwärtigen Klimaschutzzusagen der Staaten in aller Welt komplett umgesetzt würden, bewege sich die Erde auf eine Erwärmung von knapp 3 Grad bis zum Jahr 2100 zu, warnte das UN-Umweltprogramm. Den Berechnungen zufolge wäre es dann am Ende dieses Jahrhunderts durchschnittlich 2,9 Grad wärmer als vor der Industrialisierung - wenn alle Staaten ihre vorbehaltlos zugesicherten Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 auch wirklich vollständig umsetzen.
Mit derzeit zusätzlich in Aussicht gestellten Maßnahmen könnte die Erwärmung auf 2,5 Grad begrenzt werden. Unter beiden Szenarien sagen Wissenschaftler gravierende Folgen für die Lebensbedingungen auf dem Planeten voraus, einschließlich Naturkatastrophen, Hungersnöten, Fluchtbewegungen und Konflikten.
Wenn nur die tatsächlichen Klimaschutzanstrengungen berücksichtigt würden, sei sogar mit einer Erderwärmung von etwa drei Grad zu rechnen.
2023 das wärmste Jahr seit 125.000 Jahren?
Die Welt erlebe derzeit "eine verstörende Beschleunigung von Zahl, Geschwindigkeit und Ausmaß der übertroffenen Klimarekorde", erklärte UNEP. Dennoch blase die Menschheit Treibhausgasemissionen in Rekordausmaß in die Erdatmosphäre, vornehmlich durch die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Gas und Erdöl. Experten des EU-Klimawandeldienstes Copernicus Climate Change Service befürchten, dass 2023 global betrachtet als wärmstes Jahr der vergangenen 125.000 Jahre in die Geschichte eingehen könnte.
Versprechen von Industriestaaten, in den kommenden Jahren zumindest rechnerisch eine Klimaneutralität zu erreichen, halten die UNEP-Wissenschaftler für nicht glaubwürdig. Bislang habe noch keiner der G20-Staaten die Emissionen in dem Tempo reduziert, wie es dafür notwendig wäre.
Große Besorgnis
Beobachter reagierten alarmiert auf die Befunde. UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, die mangelhaften globalen Klimaschutzbemühungen seien ein "Scheitern von Führung, ein Betrug an den Verletzlichen und eine enorme verpasste Gelegenheit", erklärte er.
Auch die Umweltorganisation WWF reagierte alarmiert. "Ohne schnelle Emissionsminderung - auch über den Ausstieg aus allen Fossilen - wird es nicht gelingen, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen", erklärte die Klimachefin von WWF Deutschland, Viviane Raddatz. Bei der Klimakonferenz in Dubai gelte der "Superlativ der Dringlichkeit".
Grundlage bei Klimakonferenz COP28
Der UNEP-Bericht soll in die Globale Bestandsaufnahme bei der UN-Klimakonferenz in Dubai (COP28) einfließen, bei der die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Pariser Klimaziele überprüft werden. Dort müsse es nun deutliche Fortschritte geben, forderte UNEP-Chefin Inger Andersen. Schließlich gebe es bei der Klimakrise "keine Pause-Taste". Auch UN-Generalsekretär Guterres forderte ein radikales Umsteuern bei der COP28 hin zu "einschneidenden Klimamaßnahmen".
Andersen sieht die "grundlegende Verantwortung" bei der Bekämpfung der Klimakrise bei den G20-Staaten. Schließlich entfielen auf die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer 76 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen.
CO-Ausstoß müsste drastisch sinken
Die internationale Gemeinschaft hatte sich 2015 in Paris darauf verständigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Seit der Industrialisierung hat sich die Erde bereits um fast 1,2 Grad erwärmt. Um die Schwellenwerte des Pariser Klimaabkommens von 2 beziehungsweise 1,5 Grad nicht zu überschreiten, müsste der Ausstoß klimaschädlicher Gase demnach in den kommenden sechs Jahren um zusätzlich mindestens 28 bis 42 Prozent stärker verringert werden als derzeit geplant.