Gehirnentwicklung Muttermilch beeinflusst Intelligenz
Die ersten fünf Lebensjahre sind für die Entwicklung des Gehirns besonders entscheidend. Eine neue Studie zeigt: Das in der Muttermilch enthaltene Zuckermolekül Myo-Inositol scheint dabei eine wichtige Rolle zu spielen.
Über unser gesamtes Leben betrachtet ist die Intelligenz recht konstant. Trotzdem kann sie - vor allem im Säuglingsalter - auch von Faktoren wie der Ernährung und in der Nahrung enthaltenen Nährstoffen beeinflusst werden. Dass auch Bestandteile der Muttermilch dabei eine Rolle spielen, haben nun Ernährungswissenschaftler der Tufts University in Massachusetts herausgefunden.
In der Studie untersuchten die Forschenden in Städten überall auf der Welt die Zusammensetzung von Muttermilchproben und stießen dabei auf das Zuckermolekül Myo-Inositol. Dieses kam nicht nur in jeder Probe, sondern auch in immer gleicher Konzentration vor - unabhängig vom Ort, dem sozialem Hintergrund oder wie sich eine Person ernährte.
Zusammenhang zwischen Zuckermolekül und Hirnentwicklung
Weiter stellte das Forschungsteam einen Zusammenhang zwischen dem in der Muttermilch enthaltenen Zuckermolekül und der Hirnentwicklung des Säuglings fest. Im Gehirn des Säuglings ist der Mikronährstoff in dem Alter am stärksten vorhanden, in dem die neuronalen Verknüpfungen am stärksten ausgeprägt werden. Die Konzentration im Gehirn des Säuglings nimmt dann mit zunehmendem Alter ab - und das, obwohl die Konzentration in der aufgenommenen Muttermilch gleichbleibt.
Es scheint jedoch nicht nur ein korrelativer Zusammenhang, sondern ein tatsächlicher Einfluss auf die neuronalen Verknüpfungen zu bestehen, wie die Forschenden in weiteren Tests herausfinden konnten. Das zeigten sowohl Untersuchungen von Nagetieren als auch von menschlichen Neuronen im Labor.
Was ist Myo-Inositol?
Auch wenn es in der Alltagssprache als Zuckermolekül bezeichnet wird, hat Myo-Inositol mit Haushaltszucker nur wenig zu tun. Das Molekül ist ein sogenanntes Isomer von Glukose - einem der zwei Bestandteile von Haushaltszucker. Isomere besitzen die gleichen Bestandteile - genauer Summenformel - aber haben eine unterschiedliche Struktur.
Der Mikronährstoff Myo-Inositol kommt auch in einigen Nahrungsmitteln wie Bohnen, Melonen und in bestimmten Getreidesorten vor - er wird also auch im Erwachsenenalter noch in gewissen Mengen aufgenommen.
Gerade im Säuglingsalter spielen in der Nahrung enthaltene Mikronährstoffe wie Myo-Inositol eine wichtige Rolle. Das liegt einerseits daran, dass in diesem Alter die Grundsteine für das weitere Leben gelegt werden. Hinzu kommt, dass bei Säuglingen die sogenannte Blut-Hirn-Schranke noch durchlässiger ist: Bestandteile der Nahrung können somit leichter vom Blut ins Gehirn gelangen - und dieses somit direkt beeinflussen.
Verbesserung von Ersatzmilch
Zunächst können die Ergebnisse der Studie vor allem dabei helfen, künstlich hergestellte Ersatzmilch zu verbessern. Um auch Säuglingen, die nicht gestillt werden oder gestillt werden können, eine ausreichende Nährstoffzufuhr zu ermöglichen, könnte Myo-Inositol hier vermehrt und höher dosiert eingesetzt werden.
Auch Erwachsene könnten von einem Verzehr von Myo-Inositol profitieren, denn wie eine weitere Studie zeigt, könnte das Zuckermolekül auch über das Säuglingsalter hinaus auf den Organismus wirken. So fand eine andere Studie bei Personen, die unter Depressionen leiden, eine geringere Menge Myo-Inositol als bei gesunden Personen.
Unklar ist allerdings, ob es sich dabei um eine Ursache der Krankheiten oder eine Folge davon handelt. Möglich wäre beispielsweise auch, dass zur Behandlung eingesetzte Medikamente den Spiegel von Myo-Inositol herabsetzen. Um die Bedeutung bei und den Einsatz zur Behandlung von psychischen Erkrankungen beurteilen zu können, wird deshalb noch mehr Forschung benötigt.