Komplikationen bei Frauen Schwangerschaftsdiabetes - das unterschätzte Risiko
Schwangerschaftsdiabetes verschwindet nach der Geburt - doch Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln. Das empfohlene Screening nimmt jedoch nur ein kleiner Teil wahr.
Nur etwa 40 Prozent der Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt hatten, gehen später zum empfohlenen Diabetes-Screening. "Diese Zahlen sind erschreckend", sagt Katharina Laubner von der Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Freiburg.
Denn Betroffene hätten nach der Schwangerschaft ein zehnfach erhöhtes Risiko, in den nächsten Jahren einen dauerhaften Typ-2-Diabetes zu entwickeln, das zeigten Studien. Auch die Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte, steige nach einem Schwangerschaftsdiabetes stark an. "Da müssen wir mehr Sensibilität schaffen", so die Diabetologin.
Immer mehr Fälle von Schwangerschaftsdiabetes
Schwangerschaftsdiabetes, oder auch Gestationsdiabetes genannt, ist die häufigste Stoffwechselerkrankung während einer Schwangerschaft. Sie wird bei fast acht Prozent der Schwangeren festgestellt, Tendenz steigend. Diese Form von Diabetes tritt erst während der Schwangerschaft auf. Das Risiko, daran zu erkranken, ist besonders bei älteren Müttern höher und wenn es in der Familie vermehrt Fälle von Typ 2 Diabetes gibt. Auch ein hoher Body Mass Index ist ein Risikofaktor.
Bei den Betroffenen ist die Glukoseverwertung gestört, der Blutzuckerspiegel steigt. "Die Patientinnen spüren zunächst nichts von der Erkrankung", erklärt Laubner. Doch ein Schwangerschaftsdiabetes ist gefährlich - für Mutter und Kind.
Gefährlich auch für das Kind
Denn die überschüssige Glukose geht über die Plazenta auch ins Blut des Babys über. Das reagiert und produziert mehr Insulin. Eine Folge: Die betroffenen Kinder wachsen rasant. Ein Geburtsgewicht von über vier Kilogramm sei nicht ungewöhnlich bei unbehandelten Schwangerschaften mit Gestationsdiabetes, erklärt die Diabetologin.
"Bei großen Kinder gibt es zum Teil Probleme bei der Entbindung: Es kann häufiger zu Geburtskomplikationen und -verletzungen kommen, aber auch zu einer höheren Kaiserschnittrate." Außerdem ist das Risiko einer gefährlichen Unterzuckerung nach der Geburt bei diesen Kindern höher und sie brauchen insgesamt häufiger medizinische Unterstützung nach der Geburt.
Ernährungsumstellung und Bewegung helfen
Doch die Frauen können etwas gegen ihren Schwangerschaftsdiabetes tun: Nur bei zehn bis 20 Prozent der Betroffenen werde eine Insulingabe notwendig - in den meisten Fällen reiche eine Umstellung der Gewohnheiten aus, erklärt Laubner. So könnten die Komplikationen bei Mutter und Kind vermieden werden.
Das bedeutet für die Frauen: Eine Ernährungsumstellung und regelmäßige Bewegung bis zum Ende der Schwangerschaft. "Bestenfalls auch noch danach. Denn der Schwangerschaftsdiabetes ist nach der Schwangerschaft zwar weg, aber die Frau hat dauerhaft ein erhöhtes Risiko für einen Diabetes mellitus Typ 2."
Regelmäßiges Screening wichtig
Deshalb sei es so wichtig, dass die Patientinnen mit Gestationsdiabetes auch nach der Geburt regelmäßig zum Screening kommen, so Laubner. Bereits sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt sollte ein Glukosetoleranztest durchgeführt werden, danach - je nach Risiko der Frau - erneut alle ein bis drei Jahre. Doch der Großteil der Frauen, etwa 60 Prozent, nehmen diese Nachsorgeangebote nicht wahr.
Dass die Frauen nicht zu dem Screening gehen, hat vielfältige Gründe: Zum einen ist der behandelnde Gynäkologe nach der Schwangerschaft nicht mehr für die Diabetesvorsoge zuständig. Die müsste mit der Hausärztin durchgeführt werden. Doch die weiß in vielen Fällen nichts vom Gestationsdiabetes. Die betroffene Frau müsste sich selbst um das Screening kümmern, das geht in der sensiblen Phase mit einem Neugeborenen jedoch schnell unter.
Außerdem sind die durchgeführten Zuckertests aufwendig: Das Prozedere kann mehrere Stunden dauern, das schreckt ab. Hinzu kommen oft Sprachbarrieren und mangelnde Aufklärung.
Mehr Bewusstsein für mögliche Folgen schaffen
Ein Ansatzpunkt, um die Nachsorge-Quote zu verbessern, wäre das Screening zu vereinfachen, mit weniger ausführlichen Zuckertests, so die Diabetologin Laubner. Außerdem könne man darüber nachdenken, die Frauen zum Beispiel mit Merkzetteln an die Diabetes-Nachsorge zu erinnern, die man im Vorsorgeheft des Kindes beilegt - denn dieses Dokument haben frische Eltern regelmäßig in der Hand.
Wichtig wäre es auch, die Hausärzte zu sensibilisieren und eventuell die Hebammen auf das Thema aufmerksam zu machen. Die könnten dabei helfen, mehr Bewusstsein für die möglichen Folgen des Schwangerschaftsdiabetes bei den Betroffenen zu schaffen, so die Expertin.