Zyperns Parlament lehnt Zwangsabgabe ab Keine einzige Stimme für das Rettungspaket
Zyperns Parlament hat die Zwangsabgabe auf Bankguthaben klar abgelehnt. Damit ist auch das mit der Eurogruppe ausgehandelte Rettungspaket gescheitert. Für die Abgabe stimmte kein einziger Abgeordneter. Bundesfinanzminister Schäuble warnte in der ARD, Zyperns größte Banken seien praktisch pleite.
Das Rettungspaket für Zypern samt der umstrittenen Zwangsabgabe auf Bankguthaben ist im Parlament des kleinen Inselstaates auf ganzer Linie durchgefallen. 36 von 56 Abgeordneten stimmten am Abend nach einer hitzigen Debatte dagegen. 19 enthielten sich der Stimme. Eine Abgeordnete war nicht anwesend. Dies teilte der Parlamentspräsident Giannakis Olirou mit.
Die Ablehnung hatte sich bereits nach dem Beschluss des Rettungspaketes am Wochenende in Brüssel abgezeichnet. Angesichts des wachsenden Widerstandes in Bevölkerung und Parlament war die Abstimmung mehrfach verschoben worden.
Mit dem Votum entfällt die Voraussetzung für die Zusage der Eurogruppe vom Wochenende, Zypern mit einem Kredit im Umfang von bis zu zehn Milliarden Euro zu unterstützen. Die Zwangsabgabe hätte zusätzlich bis zu 5,8 Milliarden Euro einbringen sollen und war eine der Bedingungen für den Kredit.
Hilfsangebot bleibt bestehen
Nach der Abstimmung forderte die Eurogruppe Zypern auf, eine Alternative zu präsentieren: "Wir warten auf einen Gegenvorschlag mit gleicher Wirkung", sagte ein Eurogruppen-Vertreter in Brüssel. Die Europäische Zentralbank (EZB) betonte, sie werde das nötige Geld "im Rahmen eingegangener Verpflichtungen" zur Verfügung zu stellen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble betonte ebenfalls, dass das Angebot eines Hilfspakets auf dem Tisch bleibe. Allerdings, schränkte Schäuble in den tagesthemen ein, seien die Voraussetzungen nicht gegeben. Er warnte, der Bankensektor des Inselstaates sei nicht zukunftsfähig. Die beiden größten Banken würden nur noch durch Notprogramme am Leben erhalten, und dies nur unter der Voraussetzung, dass es ein Hilfsprogramm gebe.
Europa sei bereit zu helfen, sagte Schäuble, aber man sei nicht bereit, einfach so weiterzumachen wie bisher.
Präsident Nikos Anastasiades hatte die einmalige Zwangsabgabe für Bankkunden bereits vor der Abstimmung unter dem Druck massiver Proteste abgeschwächt. Das veränderte Gesetz sollte nunmehr Guthaben bis zu 20.000 Euro verschonen.
Auf Guthaben von 20.000 bis 100.000 Euro hätte nach den Plänen der zyprischen Regierung weiter eine einmalige Abgabe von 6,75 Prozent erhoben werden sollen. Bei Guthaben von über 100.000 Euro wären es 9,9 Prozent gewesen.
"Eine Frage der Ehre, 'Nein' zu sagen"
Doch diese Zugeständnisse reichten offenbar nicht aus, um die Abgeordneten zu besänftigen. Während der Debatte sagten mehrere Abgeordnete, es sei "eine Frage der Ehre, 'Nein' zu sagen".
Der Präsident der Zentrumspartei, Marios Karogian, rief den Parlamentariern zu: "Wir sagen Nein. Und wir sagen Nein für unsere Kinder und Enkel. Vor uns steht nun ein Leidensweg, aber wir werden es schaffen."
Mehrere hundert Protestierende vor dem Parlament begrüßten das Abstimmungsergebnis mit Jubel und sangen die Nationalhymne. Zuvor hatten die Demonstranten skandiert: "Wir werden nicht die Sklaven des 21. Jahrhunderts" und "Rettet die Bürger, nicht die Banken".
Die Proteste richteten sich auch gegen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in weiten Teilen der öffentlichen Meinung Zyperns als eine der Hauptschuldigen für die harten Bedingungen des Rettungspakets gilt. Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble hätten die Belastung für Kleinsparer letztlich durchgedrückt, so die Meinung vieler Zyprer.
"Mit der Pistole am Kopf 'Ja' gesagt"
Ministerpräsident Anastasiades ließ darauf hinweisen, er habe schon beim vergangenen EU-Gipfel zu bedenken gegeben, dass ein solches Gesetz in der Heimat nicht durchsetzbar sei. "Mit der Pistole am Kopf musste er in Brüssel 'Ja' sagen", erzählte einer seiner engsten Mitarbeiter vor der Abstimmung im Fernsehen.
Dabei waren die Euro-Finanzminister Zypern bei der Zwangsabgabe auf Bankeinlagen bereits entgegengekommen. In einer Telefonkonferenz hatte sich die Ministerrunde in der Nacht auf Dienstag darauf verständigt, dass Kleinsparer anders zu behandeln seien als die Inhaber großer Vermögen. Einlagen unter 100.000 Euro sollten demnach komplett garantiert werden können.
Zyperns Finanzminister verhandelt mit Moskau
Es wäre das erste Mal gewesen, dass die Kunden an den Kosten der Bankenrettung direkt beteiligt worden wären. Mit der Einmalabgabe wären auch Ausländer im Steuerparadies Zypern zur Finanzierung des Rettungsplans herangezogen worden. Ein Schritt, der vor allem Russlands Regierung erbost hatte. Reiche Russen und Unternehmen wären laut Medien mit Milliardensummen von der Zwangsabgabe betroffen gewesen.
Nach dem "Nein" des Parlaments zu der Sonderabgabe muss Zypern nun einen alternativen Plan vorschlagen, um die drohende Staatspleite abzuwenden. Dabei könnte Russland eine wichtige Rolle spielen. Noch vor der Abstimmung war der zyprische Finanzminister Michalis Sarris nach Moskau geflogen, um über eine Verlängerung des russischen 2,5-Milliarden-Kredits zu verhandeln.
Das Geld in der zyprischen Staatskasse reicht nach früheren Regierungsangaben noch bis Mai.