Abstimmung über Zwangsabgabe Poker-Partie in Zypern
Noch heute will das zyprische Parlament über die umstrittene Zwangsabgabe auf Bankkonten abstimmen. Trotz Änderungen - Kleinsparer unter 20.000 Euro sollen verschont bleiben - scheint eine Mehrheit fraglich. Selbst Präsident Anastasiades geht von einem Scheitern aus. Im Falle einer Ablehnung deutete er an, er habe noch ein Ass im Ärmel. Derweil sagte der zyprische Zentralbankchef Demetriades, dass die Zwangsabgabe wohl nicht die erforderlichen 5,8 Milliarden Euro einbringen werde.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Das kann große Überraschungen bei der Sitzung des zyprischen Parlaments geben: Präsident Nikos Anastasiades hatte in den letzten Tagen immer wieder dafür gekämpft, dass das Parlament die Zwangsabgabe auf alle Bankkonten beschließt. Das sei zwar schmerzhaft, es gebe aber keinen anderen Weg, um Zypern zu retten. Sonst, so warnte Anastasiades, steuere das Land in die Pleite, in die Katastrophe.
Anastasiades: "Wir haben unsere eigenen Pläne"
Heute früh klang Anastasiades auf einmal völlig anders. Mit ruhiger Stimme sagte er: "Ich habe das Gefühl, das Parlament wird das Gesetz ablehnen, weil die Mehrheit meint, es sei ungerecht und nicht für das Wohl Zyperns". "Und was machen Sie jetzt?", fragt ein Reporter. Anastasiades lächelt und sagt: "Wir haben unsere eigenen Pläne." Was er damit meint, lässt er offen und fügt einen weiteren rätselhaften Satz an: "Ich muss sagen, es wird etwas sein, was die Troika oder unsere Freunde in der Euro-Gruppe nicht erwarten."
Diese Worte stehen im Widerspruch zum neuen Gesetzentwurf, den die zyprische Regierung am späten Vormittag vorgelegt hat. Demnach sollen Bankkunden mit einem Guthaben von unter 20.000 Euro gänzlich von der Abgabe befreit werden. Wer mehr hat, soll wie bislang geplant 6,75 Prozent bezahlen; wer über 100.000 Euro hat, 9,9 Prozent.
Der Zorn auf die geplante Abgabe ist nach wie vor groß: "Troika raus aus Zypern", rufen aufgebrachte Bürger vor dem Parlament in Nikosia. Sie haben das Gefühl, von der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds erpresst zu werden.
Regierung schreckt vor höheren Abgaben zurück
Die Troika will Zypern mit Milliardenkrediten vor der Pleite retten, verlangt aber eine Eigenleistung Zyperns in Höhe von 5,8 Milliarden Euro. Dieses Geld soll durch die Abgabe auf Bankkonten zusammenkommen. Wenn Kleinsparer von dieser Abgabe befreit werden, müssten Anleger mit großem Vermögen umso mehr bezahlen. Das aber sieht der heute Vormittag vorgelegte Gesetzentwurf gar nicht vor. Die Regierung schreckt vor höheren Abgaben zurück, denn sie will nicht die ausländischen Anleger aus Russland oder Großbritannien verprellen. Sie hat Angst, nach einer solchen Zwangsabgabe würden nicht nur Anleger Zypern verlassen, sondern auch Investoren und damit Arbeitsplätze.
Am späten Nachmittag soll das Parlament in Nikosia zusammenkommen. Bis dahin wird man wohl wissen, ob Präsident Anastasiades noch einen ganz anderen Plan zur Rettung seines Landes in der Hinterhand hat. Noch ist völlig offen, welche Entscheidung die Abgeordneten treffen werden und ob sie überhaupt heute Abend zu einem Ergebnis kommen.