Diskussion über Zypern Deutsche Politiker wollen Kleinsparer schonen
Auch in Deutschland diskutieren Politiker über das EU-Rettungspaket mit der geplanten Sonderabgabe, die Kleinsparer in Zypern belasten würde. Diese müssten eigentlich geschont werden, darüber ist man sich inzwischen quer durch die Parteien einig. Doch wie? Darüber gehen die Meinungen auseinander.
In Zypern hat das Parlament die Abstimmung über das EU-Rettungspaket auf Dienstag verschoben, in Russland empört sich Putin über die "ungerechte und gefährliche" Zwangsabgabe für Bankkunden, da viele reiche Russen und ihre Unternehmen betroffen sein könnten. Und auch in Deutschland wird diese Sonderabgabe diskutiert. Allerdings machen sich die deutschen Politiker eher Sorgen um die zyprischen Kleinsparer und die Auswirkungen der Abgabe auf das Finanzsystem im Euroraum.
"Keine Erfindung der Bundesregierung"
Entsprechend übten nach SPD und Grünen nun auch Politiker von CDU und FDP Kritik an der Einigung für das Zypern-Hilfspaket. Beim geplanten Zugriff auf die Einlagen auch von Kleinsparern hätte man "durchaus auch einen gewissen Freibetrag vornehmen können", so Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr forderte, gerade die Kleinsparer dürften nicht für die Schuldenkrise verantwortlich gemacht werden. Die Ablehnung einer Freigrenze verstehe kaum noch jemand. "Herr Schäuble wird sich da noch bewegen müssen", so der FDP-Politiker über den Bundesfinanzminister.
Der aber hatte zuvor bereits betont, die Belastung auch von Bankeinlagen mit weniger als 100.000 Euro Guthaben sei keine Erfindung der Bundesregierung. Wenn es zu einer anderen Lösung komme, so Schäuble in der ARD, würde die Bundesregierung damit "überhaupt kein Problem" haben. Die Verantwortung dafür schob er der zyprischen Regierung, aber auch der Europäischen Kommission und der EZB zu. Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) verwies darauf, dass die Bundesregierung diese Lösung nicht gewollt habe.
Merkels Garantie für Spareinlagen gilt
Unterdessen versicherte Regierungssprecher Steffen Seibert den Bundesbürgern, die Garantie von Bundeskanzlerin Angela Merkel aus dem Krisenjahr 2008 für die Spareinlagen in Deutschland gelte weiter. Den Fall Zyperns, wo sich die Sparer am Rettungspaket für das Land beteiligen sollen, nannte Seibert einen "Sonderfall". Die Lösung dort habe "keine Parallelen zu anderen Ländern und deswegen auch keine Auswirkungen auf sie".
Das Hilfspaket für Zypern sieht Kredite des Euro-Rettungsschirms von zehn Milliarden Euro vor, damit das Land seine Probleme im Bankensektor und im Staatshaushalt in Ordnung bringen kann. Daneben werden auf Zypern alle Kontoinhaber zur Kasse gebeten: Guthaben von unter 100.000 Euro werden einmalig mit 6,75 Prozent belastet, Beträge darüber mit 9,9 Prozent. Die Abgabe soll dem Staat zusätzliche 5,8 Milliarden Euro bringen.
EZB-Direktor Asmussen verteidigt Einigung
Der Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, verteidigte das Hilfspaket und die Einbeziehung der zyprischen Sparer. Die Situation in Zypern sei einzigartig. Natürlich könne das Euro-Land die Beteiligung der Sparer ändern, so Asmussen. Dann müsse aber die erforderliche Finanzsumme von 5,8 Milliarden Euro gesichert sein.
"Sehr spezielle Situation in Zypern"
Zuvor hatten bereits SPD und Grüne dafür plädiert, die Kleinsparer bei der Bankenrettung in Zypern zu schonen. Allerdings waren sich der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und SPD-Fraktionsvize Joachim Poß auch darin einig, dass eine Beteiligung der Bankkunden in Zypern an den Kosten der Schuldenkrise grundsätzlich richtig sei.
Poß schlug im Deutschlandfunk dafür eine soziale Staffelung vor. Man habe es im Fall Zypern "schon mit einer sehr speziellen Situation zu tun", fügte der SPD-Politiker hinzu. Manche sprächen mit Blick auf Zypern von "Geldwäsche und Steuerparadies", und es mache Sinn, die Milliarden von Euro, die von Russen oder Briten bei zyprischen Banken gehortet würden, einzubeziehen. In die gleiche Richtung argumentierte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider: Er würde es sehr begrüßen, wenn das Großkapital einen größeren Beitrag zur Sanierung der Banken zahle, sagte er im RBB-Inforadio.
Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf die Frage auf, ob das Rettungspaket für Zypern in ausreichendem Maße sozial ausgeglichen sei. "Wieso nimmt man von denjenigen, die sehr viel Geld haben, nicht 15 Prozent, und stellt Sparer zum Beispiel unter 25.000 Euro komplett frei?", sagte Trittin im ARD-"Morgenmagazin". Zypern solle fünf oder sechs Milliarden als Eigenleistung aufbringen. "Dazu müsste man an die Bankkonten von unter anderem russischen Einlegern ran. Die haben da allein 19 bis 20 Milliarden liegen."
"Riskantes Manöver mit ungewissem Ausgang"
Heftige Kritik kam auch von Wirtschaftsexperten. Die Zwangsabgabe für sämtliche Kunden zyprischer Banken sei "ein riskantes Manöver mit ungewissem Ausgang", warnte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, bei "Handelsblatt Online".
Auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger kritisierte das Rettungspaket scharf. "Diese Quasi-Enteignung der Anleger würde nicht nur das Bankensystem in Zypern gefährden, sondern wäre eine Bedrohung für das Finanzsystem im gesamten Euroraum", warnte Bofinger in der "Passauer Neuen Presse". "Das muss revidiert werden, sonst hätte es fatale Folgen."