Widerstand gegen EU-Pläne für Zypern wächst Zwangsabgabe könnte doch noch kippen
Zyprer, die derzeit ihren Kontostand prüfen, sehen es oft schon schwarz auf weiß: 6,75 Prozent des Ersparten sind verschwunden. Die Zwangsabgabe soll das Land vor der Pleite retten. Doch es ist denkbar, dass das zyprische Parlament die EU-Pläne ablehnt - die Folgen könnten dramatisch sein.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Noch gibt es Bargeld an den Geldautomaten auf Zypern. Manche Automaten sind aber schon leer, andere rücken höchstens 200 Euro heraus. Und wer seinen Kontostand überprüft, sieht es schwarz auf weiß: Die Sonderabgabe in Höhe von 6,75 Prozent ist oft bereits abgezogen. Wer mehr als 100.000 Euro auf dem Konto hat, muss sogar 9,9 Prozent Abgabe zahlen.
Alle Sparer müssen zahlen
Viele Zyprer sind empört. Zwar gab es in den vergangenen Wochen bereits Gerüchte, der Staat wolle sich möglicherweise bei privaten Bankkonten bedienen, aber, so sagt ein Kunde am Geldautomaten über die Minister der zyprischen Regierung: "Bevor die zu diesem Gipfel nach Brüssel gereist sind, haben sie uns versprochen, dass unsere Bankkonten nicht angetastet werden. Und jetzt? Jetzt ist es doch passiert und die Leute rennen zu den Automaten. Das sind Zustände, die können wir nicht hinnehmen."
Manche hatten damit gerechnet, dass reiche Anleger aus Russland eine Extra-Abgabe zahlen müssen. Nun trifft es aber ausnahmslos alle, auch Kleinsparer, Rentner, Hausfrauen. So haben es die Euro-Finanzminister in der Nacht zum Samstag beschlossen. Ohne diese Sonderabgabe wird Zypern keine Hilfskredite aus dem Rettungsschirm bekommen. "Es war das Schlimmste, was sie Zypern antun konnten", findet eine Passantin in Nikosia. "Aber was sollen wir tun? Uns bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten."
Mehrheit für die Sonderabgabe ist nicht sicher
Nicht nur in der Bevölkerung ist der Protest groß, auch in den Parteien. Eigentlich sollte das zyprische Parlament bereits in dieser Woche die Sonderabgabe absegnen, aber selbst bei den konservativen Parteien, die Präsident Nikos Anastasiades unterstützen, wächst der Widerstand. Eine Mehrheit für die Sonderabgabe ist keineswegs sicher. Deshalb wurde die Parlamentssitzung auf Montag verschoben. Präsident Anastasiades wirbt eindringlich für den Abgabe. Diese sei zwar schmerzhaft, so sagt er, aber sie werde als Neustart für die zyprische Wirtschaft dienen.
Banken bleiben geschlossen
Anastasiades warnte drastisch vor den Folgen, wenn das Parlament die Sonderabgabe ablehnen würde. Dann, so Anastasiades, würde es keine Hilfskredite für Zypern geben. Schon am Dienstag würde die erste zyprische Großbank zusammenbrechen und sehr schnell das ganze Land in die Pleite ziehen.
In pausenlosen Verhandlungen versucht Anastasiades jetzt, eine Mehrheit für die Sonderabgabe zusammenzubekommen. Ob das bis zur Abstimmung klappt, ist ungewiss. Damit die Sparer vorher nicht ihre Konten plündern, plant die zyprische Regierung, alle Banken auf der Insel solange geschlossen zu halten, bis die Entscheidung über die Sonderabgabe am Montag gefallen ist.