Kurz vor Parlamentswahlen Britische Schuldenquote auf höchstem Stand seit 1961
Kurz vor den Parlamentswahlen ist die britische Schuldenquote, also die Verschuldung in Relation zum BIP, so hoch wie seit 60 Jahren nicht mehr. Die neue Regierung wird also mit großen Herausforderungen konfrontiert.
Zwei Wochen vor den Parlamentswahlen, bei denen den regierenden Tories das Aus droht, ist die britische Staatsverschuldung auf den höchsten Stand seit mehr als 60 Jahren gestiegen. Sie erreichte im Mai 2,742 Billionen Pfund (3,25 Billionen Euro), wie das Statistikamt ONS heute in London mitteilte.
Die Schuldenquote, also die Schulden in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), beträgt 99,8 Prozent - der höchste Wert seit 1961. Ein Jahr zuvor lag sie noch bei 96,1 Prozent.
Finanzielle Herausforderungen Thema im Wahlkampf
Die steigende Staatsverschuldung vergrößert die finanziellen Herausforderungen, denen sich die künftige Regierung stellen muss. In Großbritannien stehen am 4. Juli Parlamentswahlen an. Die oppositionelle Labour-Partei von Keir Starmer setzt auf den Wandel nach 14 Jahren Chaos, wie er die Regierungszeit der Konservativen wegen Brexit, Partygate und einer Premierministerin Liz Truss, die die Finanzmärkte auf Talfahrt schickte, beschreibt.
Beide Parteien versprechen, weder die Einkommensteuer noch die Mehrwertsteuer oder andere wichtige Abgaben zu erhöhen. Die Staatsverschuldung ist in Großbritannien während der Corona-Pandemie in die Höhe geschnellt. Auch das langsame Wirtschaftswachstum und der Anstieg der Zinssätze, die die Bank of England im Kampf gegen die Inflation auf ein 16-Jahres-Hoch getrieben hat, belasten den Staatshaushalt.
Unsichere Zeiten erforderten einen klaren Plan und mutiges Handeln, betont der jetzige Premierminister Rishi Sunak. Er habe diesen Plan - im Gegensatz zur sozialdemokratische Partei. Umfragen zufolge liegt Labour allerdings rund 20 Prozentpunkte vor den Tories. Für die Wahl droht den Konservativen, die seit 2010 regieren, also eine herbe Niederlage. Sunak ist seit Oktober 2022 im Amt und bereits der dritte Regierungschef seit der vorigen Wahl 2019 nach Boris Johnson und Truss.
Verschuldung in vielen Ländern gestiegen
Auch in den meisten anderen westlichen Ländern ist die Verschuldung zuletzt stark gestiegen. Der britische Schuldenstand liegt unter dem der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Italiens. Allein in der EU droht sieben Mitgliedsstaaten ein Strafverfahren, weil sie zu viele Schulden machen.
Deutschland weist allerdings weit niedrigere Zahlen aus: Hier machten die Verbindlichkeiten im vergangenen Jahr nur 63,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, 2024 soll dieser Wert nach Prognose des Kieler Instituts für Weltwirtschaft auf 63,3 Prozent fallen.
Die Kreditaufnahme in Großbritannien belief sich in den ersten beiden Monaten des neuen Haushaltsjahres auf insgesamt 33,5 Milliarden Pfund. Das sind 0,4 Milliarden mehr als im gleichen Zeitraum 2023, aber 1,5 Milliarden Pfund weniger als die Haushaltsprognosen der Regierung im März vorausgesagt hatten. Den Analysten von Capital Economics zufolge ist das auf weniger öffentliche Investitionen zurückzuführen.