Blick auf Manhattan vom SUMMIT One Vanderbilt aus
reportage

Restaurants in New York Wenn die Tisch-Reservierung 200 Dollar kostet

Stand: 25.12.2023 07:49 Uhr

Freie Tische in angesagten Lokalen sind in New York schwer begehrte Trophäen. Das Reservieren ist zum Lotteriespiel geworden - und kann enorm ins Geld gehen.

"Completely booked": Das kriegen New Yorkerinnen und New Yorker neuerdings zu hören, wenn sie Essen gehen möchten. Alles schon voll. Mal eben fürs "Dinner For Two" ins kleine Lieblingsrestaurant um die Ecke? Von wegen.

Olivier Filograsso, der Manager des Restaurants "Amelie" auf New Yorks Upper West Side, schüttelt den Kopf - an einem gewöhnlichen Dienstagabend. "Heute und morgen sind wir komplett ausgebucht", sagt er.

Der nächste freie Tisch in dem angesagten Lokal: nächsten Samstag um 10.00 Uhr abends. Aber auch dieser Tisch könnte schon weg sein, falls jemand auf einer Reservierungs-App ein paar Sekunden schneller war.

"Das liegt nicht nur an der Weihnachtszeit. Jeder in New York will immer ausgehen", sagt Filograsso. Er rät: "Buchen Sie einen Monat im Voraus!"

Gebucht wird Wochen im Voraus

Bei der angesagten "Polo-Bar" in Midtown ist das sogar ein Muss. "Walk Ins" - also das spontane Vorbeikommen - sind out. Rein kommt - mit "Dress Code" - sowieso nur, wer vorher reserviert hat. Und zwar genau für denselben Tag des nächsten Monats. Wer das will, braucht gute Nerven für die Warteschleife der Telefon-Buchungshotline.

Es sei denn, er oder sie hat eine gute Reservierungsplattform. Die "Kuppler", die New York und seine Besucher an die Tische der über 25.000 Restaurants und Diners setzen, vermehren sich explosionsartig, seit das Nachtleben nach der Corona-Pandemie zurück ist. "Resy", "Open Table" und Co. vermitteln kostenlos. Andere Apps kassieren dafür.

Wer nicht Monate auf seinen "Polo Bar's Bacon Cheeseburger" warten will, ergattert sich beispielsweise ein Schnäppchen auf "Appointment Trader".  Deren Erfinder ist der gebürtige Stuttgarter Jonas Frey. Auf der App handelt er mit Plätzen der US-Top-Lokale - auch in New York.

200 Dollar nur für den Tisch

"Jetzt gerade ist 4 Charles Prime Rib Number One", sagt er. Der kleine Burger-Laden werde in seiner App derzeit am meisten nachgefragt. "Und der zweitbeliebteste Laden für die letzten sieben Tage ist die Polo Bar in New York" - sie gehört zu Ralph Lauren, dem Modedesigner, bekannt für seine Linie "Polo".

Dementsprechend sei das eine der teuersten Reservierungen überhaupt, sagt der App-Entwickler: "In der Polo Bar verkaufen wir Reservierungen im Durchschnitt für 214 Dollar - nur um den Tisch zu kriegen. Ohne dass du was gegessen hast."

Trotzdem lohne sich das, meint Frey. Denn der Besuch in diesen Esstempeln von Manhattan sei ein Erlebnis für sich. Plätze dort würden gejagt wie Trophäen. "Die Leute zahlen einen Haufen Geld, um zur Oper zu gehen oder in ein Theater." In diesen "Ultra-High-End-Restaurants", wie Frey sie nennt, sei es allein schon das Erlebnis, dort nur vor Ort zu sein.

Auch wer absagt, muss zahlen

Im Prinzip habe sich da gar nichts geändert, sagt Frey, der seit fünf Jahren in den USA lebt. Die schnellen Plätze in den Top-Restaurants, die habe es noch nie wirklich umsonst gegeben.

Apps wie seine machten nur sichtbar, was früher unterm Pult des Maitre D, des Platzanweisers, abgelaufen sei: Den habe man kennen müssen. "Dem Fritzen hast du 100 Dollar zugesteckt, und dann hat er dich hingesetzt", beschreibt Frey die Zeiten vor den Reservierungs-Apps.

Doch auch die geben keine Erfolgsgarantie, genauso wenig wie die Telefon-Hotlines. Todd Shapiro steckte zweieinhalb Stunden in der Warteschleife der "Polo Bar". Nur um am Ende zu hören: "Tut uns leid, wir sind komplett ausgebucht".

Auch, wer kurzfristig einen Platz für andere freimacht, muss in New York immer öfter dafür zahlen. Absagen kosten nicht selten 25 Dollar pro Person. Das Elite-Restaurant Eleven Madison Park behält für die Reservierung eines "Tasting Dinner for Two" bei der Buchung automatisch eine Kaution von umgerechnet 750 Euro ein. Und den Hinweis auf der Webseite sollten man dringend lesen: Bei einer Absage gibt es nämlich nichts zurück.

Antje Passenheim, ARD New York, tagesschau, 05.12.2023 14:11 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 02. Dezember 2023 um 16:11 Uhr im Deutschlandfunk.