Zukunft des Tourismus Wie Künstliche Intelligenz das Reisen verändern kann
Künstliche Intelligenz (KI) könnte einen großen Einfluss auf die Tourismusbranche haben. Werden Urlaubsempfehlungen und personalisierte Vorschläge für Ausflüge zur Normalität? Was bedeutet das für die Mitarbeiter?
Generative Künstliche Intelligenz (KI) wird nach Einschätzung des TUI-Managers Pieter Jordaan einen großen Einfluss auf die Tourismusbranche haben. "Diejenigen, die die Technologie nutzen, werden schneller und produktiver sein als jene, die darauf verzichten", sagte der CIO (Chief Information Officer) des Reisekonzerns.
Generative KI, die neue Inhalte erzeugen kann, werde sehr schnell Aufgaben ersetzen. Auch für die Endnutzer habe das Folgen. "Die Art und Weise, wie Menschen ihre Reisen zukünftig planen und buchen, wird das grundlegend verändern."
Werden Mitarbeiter überflüssig?
Künftig könnten Beschäftigte in den Reisebüros selbst KI nutzen, um die Kunden zu beraten, erläutert Jordaan. "Generative KI wird sehr schnell Aufgaben ersetzen, aber keine Arbeitsplätze", heißt es beim Unternehmen. Die sogenannte generative KI, zu der auch Textroboter wie ChatGPT gehören, ist in der Lage, auf Basis vorhandener Informationen und Vorgaben eines Anwenders neue Inhalte zu erstellen.
In Großbritannien nutzt TUI in seiner App inzwischen den Textroboter ChatGPT. Etwa die Hälfte der Kundinnen und Kunden kann bislang in einem Test auf das Angebot zugreifen. ChatGPT setzt generative KI ein, um den Nutzern personalisierte Vorschläge für Ausflüge zu machen und um Fragen zu Urlaubszielen zu beantworten. Die Nachfrage nach dem Angebot sei mit mehr als 10.000 Nutzerinnen und Nutzern höher als erwartet.
"Menschliches Bauchgefühl unersetzlich"
Nach Einschätzung des Veranstalters Schauinsland-Reisen werden qualifizierte Fachkräfte auch in Zukunft unerlässlich bleiben. Das Unternehmen setzt ChatGPT derzeit testweise ein. Die Software hilft zum Beispiel bei der Erstellung von Kunden-Newslettern. "KI kann dabei jedoch die Erfahrung und Expertise unserer Fachkräfte nicht ersetzen, sondern lediglich als Unterstützung dienen", sagte ein Schauinsland-Sprecher.
Eine KI wie ChatGPT könne zwar langfristig einzelne zeitaufwendige Arbeitsabläufe vereinfachen und automatisieren. "Das menschliche Bauchgefühl bei der Zusammenstellung unserer Produkte kann durch KI nicht ersetzt werden", sagte der Sprecher. Ein voll automatisierter Einsatz von ChatGPT komme für Schauinsland auch in Zukunft nicht in Frage.
Auch der Branchenverband DRV geht davon aus, dass die Reiseprofis nicht überflüssig werden: Die Experten in den Reisebüros würden die Wünsche und Vorlieben ihrer Kunden gut kennen und maßgeschneiderte Angebote machen. "Diesen - im Netz nicht frei verfügbaren - Content mit sämtlichen Expertentipps kann die KI heute nicht bieten."
Kundendaten werden nicht weitergegeben
Der Reisekonzern TUI plant den Einsatz von KI nicht nur in Großbritannien. Künftig sollen auch Kundinnen und Kunden in Deutschland den Textroboter in der App verwenden können. "Wenn alle Tests erfolgreich verlaufen und wir mit der Sicherheit zufrieden sind, wollen wir das Produkt bis Ende des Jahres auf den Markt bringen", sagte Jordaan. In Deutschland gibt es bereits mehrere Reiseunternehmen, die ChatGPT für verschiedene Anwendungen nutzen.
Um falsche Antworten von ChatGPT zu verhindern, hat TUI den Angaben nach in der App Vorsichtsmaßnahmen getroffen. So können Antworten überprüft werden, bevor sie den Kundinnen und Kunden gezeigt werden. Für jede Anfrage zahle der Konzern eine eher kleine Gebühr, sagte der CIO. Zu keinem Zeitpunkt gebe TUI Kundendaten weiter, wenn ChatGPT in der App verwendet werde.
Persönlicher Kundenkontakt bleibt wichtig
DER-Touristik-Topmanager Mark Tantz (COO Zentraleuropa) sieht Chancen, den Fachkräftemangel abzufedern. Automation - egal ob einfache oder künstliche - sei eine Möglichkeit, Beschäftigte von einfachen Aufgaben zu entlasten, sodass sich diese zum Beispiel auf interessantere Tätigkeiten konzentrieren könnten. "Das ist gerade bei Fachkräftemangel ein relevantes Thema", sagte Tantz.
Der Spezialreiseanbieter Chamäleon Reisen, der seit diesem Jahr ChatGPT für Unterkunftsbeschreibungen auf seiner Homepage einsetzt, legt unvermindert Wert auf einen unmittelbaren Draht zu den Kunden. "Wir setzen weiter ganz bewusst auf den direkten Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden. Sie sollen die Zuständigen für die einzelnen Ziele auch künftig direkt erreichen können", berichtete Ingo Lies, Gründer des Veranstalters für nachhaltige Reisen.
Ähnlich sieht das der Reisekonzern Alltours: "Wichtig bleibt für uns der persönliche Kontakt mit unseren Kundinnen und Kunden, den KI nicht ersetzen kann."