Künstliche Intelligenz im Tourismus Wenn ChatGPT die Reise plant
Mit Künstlicher Intelligenz lassen sich auch Reiserouten planen und Tipps für Touristen bündeln. Die Branche verfolgt den Trend aufmerksam. Doch wie funktioniert das in der Praxis? Ein Stadtführer hat es ausprobiert.
Brent Foster ist neugierig. Seit 2010 arbeitet der Kalifornier als Stadtführer in seiner Wahlheimat Hamburg - er kennt die Stadt in- und auswendig. Aber in Zeiten von ChatGPT könnte sein Job bald bedroht sein. Wer als Tourist nach Hamburg kommt, kann sich auch über die künstliche Intelligenz ChatGPT beispielsweise Spazierrouten auswerfen lassen oder eine Tabelle mit Reisetipps zusammenstellen.
Von einer dreiwöchigen Rundreise durch Thailand bis hin zu einem kurzen Spaziergang durch Hamburg: ChatGPT scheint sich auszukennen. Eine Bedrohung für Touristen-Experten wie Foster? Am Hamburger Rathausmarkt testet der Stadtführer das Programm - mit folgendem "Prompt" (also der Anweisung): "Nenne mir einen Rundgang in Hamburg für eine Stunde."
Die Anfrage ist noch recht allgemein gehalten, ähnlich allgemein sind die Antworten - Start am Rathausmarkt, weiter zum Jungfernstieg, entlang der Binnenalster, Rückweg über die Mönckebergstraße und dann zum Hauptbahnhof, um dessen "beeindruckende Architektur" zu bewundern. Foster findet: Das kann man machen, ist aber auch noch eher Standard. Geht da noch mehr?
Statuen am Rathaus dazugedichtet
Reiseplanung mit ChatGPT ist noch ein Geheimtipp, wird aber gerade von Influencern und Reisebloggern bereits betrieben. Die Influencerin Diana zur Löwen zum Beispiel nutzte das Tool zuletzt für die Planung einer London-Reise. Ihr Tipp: konkret definieren, welche Interessen man hat und was No-Go-Kriterien auf einer Reise sind.
Je mehr ChatGPT über das eigene Profil und die Reisewünsche weiß, desto besser kann es auch reagieren. Es muss auch nicht mit einer Anfrage getan sein: "Man kann ja bei ChatGPT auch Gegenfragen stellen, sodass man wirklich eine ganze Konversation damit führt", sagt zur Löwen. "Es lohnt sich dann wirklich, das auch Stück für Stück auszuprobieren."
Der Stadtführer Brent Foster vor dem Hamburger Rathaus. Zu den Fassadenfiguren kann ChatGPT keine verlässliche Auskunft geben.
Stadtführer Foster testet so eine Konversation mit der KI am Hamburger Rathaus und will von ChatGPT wissen, was die Statuen an der Außenfassade bedeuten. Die Antwort kommt prompt, ist aber enttäuschend: Von fünf genannten Figuren hat die künstliche Intelligenz nur eine richtig erkannt, dichtet aber auch neue Figuren hinzu.
Karl Marx zum Beispiel hat der langjährige Stadtführer hier noch nicht an der Fassade entdecken können, und auch eine Nachfrage beim Touristenbüro zeigt: Von Karl Marx hat hier noch niemand gehört. Der digitale Reisebegleiter ist noch fehleranfällig. Influencerin zur Löwen rät, dass man die Tipps überprüft "oder nur als eine Art Basis nimmt und dann auch nochmal selber ein bisschen nachdenkt und gegen checkt".
TUI will die Technologie schon bald einsetzen
Trotz der Fehleranfälligkeit der künstlichen Intelligenz beobachtet die Reisebranche die Entwicklungen aufmerksam und entwickelt bereits eigene Ideen, wie die Technologie eingesetzt werden könnte. "Ich sehe, dass an allen Ecken und Enden Testprojekte aufgerufen werden, dass überall auch eine große Neugier ist", sagt der Vorsitzende des Ausschusses für Digitalisierung des deutschen Reiseverbands, Oliver Rengelshausen. Auf Tagungen werde das Thema besprochen, Verbandsmitglieder würden geschult, Ideen diskutiert.
Beim Touristikkonzern TUI sollen einige Ideen bald schon umgesetzt werden. Christian Rapp ist Pressesprecher der TUI-Group für Technologiethemen und berichtet unter anderem von KI-Projekten für Reisebüros: "In den Niederlanden schauen wir, dass wir die Reiseberater in Reisebüros schneller Informationen finden lassen, innerhalb unserer eigenen internen Informationssysteme."
Ersetzt werden sollen die Arbeitskräfte in Reisebüros dadurch nicht, aber die KI kann ihnen helfen, schneller an Informationen zu kommen. Die Erwartung ist, "dass bestimmte Aufgaben damit leichter werden, schneller erledigt werden können, sodass unsere Kolleginnen und Kollegen in den Reisebüros eigentlich mehr Zeit haben für das, was ihre eigentliche Aufgabe ist: die persönliche Beratung von Kunden."
Elbphilharmonie als "Geheimtipp"
Stadtführer Foster macht sich bisher auch keine Sorgen, dass er mit seinen Hamburg-Touren ersetzbar werden könnte - als er von der ChatGPT-Runde zurückkehrt, zeigt er vor dem Hamburger Rathaus auf einen leuchtend gelben Schirm und eine Gruppe von Touristen und Touristinnen: eine Stadtführung eines Kollegen von "Robin and the Tourguides". Gut besucht. Foster glaubt: Dieser persönliche Kontakt bleibe unersetzlich.
Und: Chat GPT hat ihn noch nicht überzeugt, es fehlten wichtige Auskünfte bei dem kleinen Rundgang, bei Rückfragen schlichen sich Fehler ein, die Route war etwas unpraktisch geplant. Vielleicht ein Tool für den Einstieg in eine neue Stadt? "Man kriegt vielleicht einen ersten Einblick von einer Stadt, die man nicht kennt", sagt er.
Ganz zum Schluss testet er dann noch einmal, ob eine ganz genaue Anfrage vielleicht bessere Resultate bringt: Welchen Geheimtipp hat ChatGPT für Liebhaber klassischer Musik in Hamburg? Die Antwort ist ernüchternd: Als Geheimtipp wird die Elbphilharmonie empfohlen. Danach schlägt die künstliche Intelligenz aber zum Beispiel auch noch Konzerte der Hamburger Hochschule für Musik vor, die sind tatsächlich schon eher ein Geheimtipp. Noch müssen Reisende mit der Künstlichen Intelligenz aber wohl etwas Geduld haben und viel herumprobieren.