Eispreise in diesem Sommer Zwei Euro für eine Kugel?
In den Eisdielen lockt das frische Eis. Inflation und Energiekrise haben die Kugelpreise steigen lassen. Doch es gibt auch andere Gründe dafür, dass Eisessen früher weniger kostspielig war.
Ihr Blick wandert hochkonzentriert über die bunten Eissorten. Erdbeere, Cookies, Amarena. Sie steht auf Zehenspitzen und ist gerade groß genug, um in die Vitrine in der Eisdiele zu blicken. Charlotte ist mit ihrer Mutter gekommen, um sich eine Kugel auszusuchen.
"Ich mag am liebsten Schokolade im Hörnchen", sagt sie und presst dabei ihren Finger auf das Glas. Dafür muss Mutter Antonia hier in Köln 1,70 Euro zahlen. "Das ist schon eine ganze Menge Geld, und das machen wir auch nicht ständig. Aber heute hat sich die Sonne gezeigt, und wir wollten uns ein Eis gönnen", sagt Antonia.
Gestiegene Kosten werden weitergegeben
Früher sei das preiswerter gewesen, erzählt die 40-Jährige. Und so gebe es jetzt für die Familie seltener Eis. Hinter der Theke steht Matteo Bianchi und reicht Charlotte das Schokoladen-Eis. Die Preise müssten anziehen, erklärt er. "Die Mieten sind gestiegen, die Stromkosten spüren wir und natürlich auch die Kosten für das Material wie Milch, Waffeln oder Zucker."
Es sei alles Handarbeit in der Kölner Eisdiele, und das müsse sich lohnen. Daher hätten sie den Kugelpreis für diese Saison um 20 Cent erhöht.
War früher das Eis zu billig?
Mitte der 1980er-Jahre kostete eine Kugel Eis in Westdeutschland vielerorts 30 Pfennig. "Damals war Eis zu billig, die können kein großes Geschäft gemacht haben", sagt Gerhard Schenk, Präsident des Deutschen Konditorenbundes im Rückblick. Der Verband ist auch für selbst gemachtes Eis zuständig. Die Preise heute würden knallhart durchkalkuliert, so Schenk.
Im Gegensatz zum Tiefkühlfach im Supermarkt spielen bei der Köstlichkeit aus der Eisdiele frische Produkte eine größere Rolle. "Die Qualität ist stark gestiegen", sagt Gerhard Schenk. Und gute Zutaten kosten Geld. Die Kugel aus der Eisdiele bestehe bis zu 70 Prozent aus Milch und zu knapp zehn Prozent aus Sahne, die wiederum aus Milch hergestellt sei, erklärt Uniteis, die Vereinigung der italienischen Eismacher in Deutschland. "Die Vorstellung, dass Eis spottbillig sein sollte, ist einfach unrealistisch", sagt Annalisa Carnio von Uniteis.
Kugeln sind größer geworden
Eiskugeln seien heute außerdem größer als früher. Eine Kugel wiege heute im Schnitt 80 bis 100 Gramm, erklärt Annalisa Carnio. In den 1960er-Jahren sei dagegen eine Kugel mit 25 bis 30 Gramm Gewicht Standard gewesen.
In der Kölner Eisdiele schleckt Charlotte glücklich ihr Schokoladeneis. "Wir müssen die gestiegenen Preise leider in Teilen an die Kunden weitergeben", sagt Eiskonditor Bianchi. "Es ist schon verrückt, dass unser Spaghetti-Eisbecher acht Euro kostet." Eigentlich wollten sie die Preise nicht erhöhen, doch auch sie müssen rechnen und die höheren Erzeugerpreise auffangen.
Insgesamt sind die Erzeugerpreise für Speiseeis laut Statistischem Bundesamt von 2022 bis 2023 um knapp 30 Prozent gestiegen. Viele kleine Betriebe hätten in den vergangenen Jahren immer den Preis niedrig gehalten. "Mit dem bitteren Ergebnis, den Laden schließen zu müssen", sagt Uniteis-Sprecherin Carnio. "Wer die Kugel nicht teurer verkauft, wird sehr bald sein Eiscafé zumachen."
Deutsches Eis günstig im Vergleich
Eis in Deutschland sei verhältnismäßig preiswert. "In Deutschland gilt immer noch das beste Preis-Leistungsverhältnis, aber keiner scheint es zu wissen, geschweige denn zu schätzen." Der Kugelpreis in Spanien, Italien oder Frankreich liege mittlerweile zwischen drei und 4,50 Euro. Außerdem hätten sich die Eisdielen gewandelt: Während früher häufig die Familie unentgeltlich mitgeholfen hätte, bezahlen Besitzer nun ihren angestellten Kräften Mindestlohn.
Eiskonditor Bianchi blickt stolz auf seine bunte Vitrine. Die Qualität, der Spaß am Eismachen und der Verzehr sollen trotz Krisen nicht leiden. "Wir probieren gerade die Sorte Cappuccino aus. Die wird vielen Leuten gefallen - auch für 1,70 Euro", sagt Bianchi.
Charlotte und ihre Mutter verlassen die Eisdiele mit ihrem Eis in der Hand. "Es schmeckt uns hier einfach sehr gut", sagt Mutter Antonia. "Wir sind Stammgäste und kommen natürlich wieder. Durch die gestiegenen Preise lassen wir uns den Genuss nicht vermiesen."