Zucker-Studie Zuckergehalt in Softdrinks sinkt kaum
Braucht Deutschland eine Zuckersteuer? Laut einer Studie senken Hersteller trotz freiwilliger Selbstverpflichtung kaum ihren Zusatz in Softdrinks. Großbritannien erzielt da mit einer Zuckerabgabe bessere Ergebnisse.
Freiwilligkeit statt Vorgaben und Steuern - das war die Strategie der damaligen Ernährungsministerin Julia Klöckner. Sie hat vor fünf Jahren eine Nationale Reduktionsstrategie für Fertiglebensmittel auf den Weg gebracht. Mit dabei sind die Getränkehersteller, die sich dazu verpflichteten, die Zuckermengen in ihren Softdrinks zu reduzieren. Das kommt kaum voran, zeigt eine neue Studie.
In Erfrischungsgetränken ist der Zuckergehalt von 2015 bis 2021 im Schnitt nur um zwei Prozent gesunken. Das ergab eine Untersuchung der Ludwig-Maximilian-Universität in Zusammenarbeit mit der TU München und der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten - einem Zusammenschluss medizinischer Fachgesellschaften.
Nur zwei Prozent weniger Zucker
Co-Autor Oliver Huizinga schließt aus den Daten, "dass die bisherige Strategie in Deutschland, die Hersteller freundlich zu bitten, den Zuckergehalt zu reduzieren, nicht effektiv ist." Die Hersteller hatten sich zu einer Reduktion von 15 Prozent bis 2025 verpflichtet. Rein rechnerisch müssten bei einem gradlinigen Reduktionspfad jetzt bereits neun Prozent erreicht sein.
Sehr viel besser funktioniert es mit dem Weniger-Zucker-Ziel laut Studie in Großbritannien. Der Zuckergehalt ist im selben Zeitraum um 29 Prozent gesunken. Großbritannien hat 2018 eine Zuckerabgabe für Getränke eingeführt. Hersteller müssen sie zahlen, wenn ihre Getränke eine bestimmte Menge Zucker überschreiten.
Die Zucker-Abgabe wirke, sagt Oliver Huizinga. Er fordert, "dass sich die Bundesregierung dieser Sache annimmt und prüft, wie man eine solche Regelung in Deutschland auf den Weg bringen kann." Braucht es in Deutschland also eine Zuckersteuer?
Bundesernährungsministerium will Übersichtsstudie abwarten
Das Bundesernährungsministerium schreibt dazu auf Anfrage des BR, die wissenschaftlichen Arbeiten, die den Effekt einer Zuckersteuer belegen, seien noch nicht ausreichend. Das Ministerium wartet noch auf eine große Übersichtsstudie, die im Lauf des Jahres erscheinen soll. Diese "werden wir in unsere Positionierung miteinbeziehen", so das Ministerium.
Das Ministerium verweist außerdem auf Daten des bundeseigenen Max Rubner-Instituts. Demnach sank der Zuckergehalt zwischen 2018 und 2019 um 3,2 Prozent. Neue Erhebungen aus 2022 würden im Frühjahr veröffentlicht.
Die zögerliche Haltung des Ministeriums kann Peggy Schierenbeck, Bundestagsabgeordnete der SPD und Mitglied des Landwirtschaftsausschusses, nicht verstehen. Freiwilligkeit funktioniere nicht, das belege die Studie erneut. "Wir sollten alle Hebel in Bewegung setzen, Übergewicht und ernährungsbedingte Krankheiten zu vermeiden," sagt Schierenbeck. Sie will mit den Ampelpartnern über eine solche Abgabe sprechen.
FDP ist gegen Zuckersteuer
Auf Widerstand stößt sie da bei ihrem Bundestagskollegen Gero Hocker. Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP im Bundestag hält nichts davon "das Mehrwertsteuersystem zu verwenden, um irgendeinen Verbraucher da draußen zu maßregeln." Stattdessen müsse man aufklären. Die Bandbreite der Getränke, aus denen man auswählen könne, sei groß. "Da vertraue ich auch ein Stück weit auf den Verbraucher, eine eigene Entscheidung zu treffen", so Hocker.
Ähnlich skeptisch ist Detlef Groß, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (wafg). Er hält die Zuckersteuer für kein geeignetes Instrument und sieht die Unternehmen auf einem erfolgreichen Weg: "Alle uns bekannten Daten zur Marktentwicklung zeigen, dass der Weg der freiwilligen Kalorienreduktion funktioniert." Dazu trügen die zahlreichen Angebote von kalorienfreien und -reduzierten Varianten bei. Die Hersteller würden diese verstärkt bewerben.
Zuckergetränke gelten als eine Ursache für krankhaftes Übergewicht und für Diabetes. Deshalb fordern medizinische Fachgesellschaften, Verbraucherschützer und Krankenkassen verstärkt, den Zuckergehalt dieser Getränke zu reduzieren. Die Studie, die unter anderem von Mitgliedern der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten finanziert wurde, hat für die Untersuchung die Daten eines Marktforschungsinstituts Euromonitor International von 2015 bis 2021 ausgewertet.