Abgabe in Großbritannien Was die Zuckersteuer gebracht hat
Seit 2018 gibt es in Großbritannien eine Steuer auf stark zuckerhaltige Getränke wie Cola oder andere Limonaden. Das soll Hersteller animieren, den Zuckergehalt zu verringern - und gegen Fettleibigkeit helfen. Mit Erfolg?
Viele Briten lieben Softdrinks, viele Briten bringen aber auch zu viel auf die Waage. Genau hier setzt die Zuckersteuer des Vereinigten Königreichs an, die im April 2018 in Kraft trat.
Offiziell heißt sie "Soft Drinks Industry Levy" - es handelt sich also um eine Steuer, die die Hersteller von Softdrinks für stark zuckerhaltige Getränke zahlen müssen. Die Besteuerung ist dabei gestaffelt: Ab fünf Gramm Zucker pro 100 Millilitern beträgt die Steuer 18 Pence pro Liter (umgerechnet 21 Euro-Cent), ab acht Gramm Zucker werden 24 Pence pro Liter fällig.
"Action on Sugar" macht sich für genau solche staatlichen Eingriffe stark. Die Organisation besteht aus Ärztinnen und Ärzten sowie Wissenschaftlern, die vor den negativen Folgen eines zu hohen Zuckerkonsums warnen. Die Steuer sei hilfreich, sagt Mhairi Brown, die Sprecherin von "Action on Sugar": "Die Zuckersteuer hat eine große Wirkung gezeigt. Diese Strategie ist in Großbritannien wirklich erfolgreich. Sie stellt für die Getränkehersteller einen großen Anreiz dar, den Zuckergehalt zu reduzieren, um die Steuer zu vermeiden."
"Quengelware" in Supermärkten nicht mehr erlaubt
Eine Studie der Cambridge University legt nahe, dass die Zuckersteuer die Fettleibigkeit bei zehn- und elfjährigen Mädchen um acht Prozent verringert hat. Anders ausgedrückt würde das bedeuten, dass durch die Steuer in dieser Altersklasse pro Jahr mehr als 5200 Fälle von Fettleibigkeit verhindert wurden.
Die Zuckersteuer ist nur ein Teil eines ganzen Pakets, mit dem die Regierung gegen Übergewicht vorgehen will. Seit dem vergangenen Herbst dürfen Supermärkte keine "Quengelware" mehr an den Kassen platzieren.
Und ab Oktober dieses Jahres soll es für "Junkfood" keine Lockangebote mehr geben dürfen. Dabei geht es unter anderem um Angebote wie "Buy one, get one free", bei denen man zum Beispiel beim Kauf einer Tafel Schokolade eine weitere umsonst bekommt. Expertinnen und Experten zufolge führen Angebote dieser Art fast zu einer Verdoppelung des Schokoladenkonsums.
Schokoriegel in einem britische Laden. Sonderangebote im Handel führen dazu, dass der Konsum von Schokolade steigt.
Werbeverbot verschoben
Keinen Durchbruch gibt es bisher dagegen im Bereich der Werbung. Geplant war, dass ungesunde Lebensmittel im Fernsehen erst ab 21 Uhr beworben werden dürfen und online gar nicht mehr. Dieses Gesetz ist nun aber auf Oktober 2025 verschoben worden. Brown ist empört: "Da ist wirklich schockierend. Das wäre ein Meilenstein gewesen."
Die Begründung, dass die Lebensmittelindustrie mehr Zeit benötigen würde, um sich vorzubereiten, hält Mhairi für vorgeschoben. Sie ist der Meinung, dass die Regierung den Lobbyisten gegenüber eingeknickt ist.
Das glaubt auch Henry Dimbleby. Der Autor mehrerer Kochbücher und Mitgründer der Schnellrestaurantkette Leon war bis vor kurzem Berater des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährung. Er sollte beim Kampf gegen das Übergewicht helfen, hat nun aber aufgegeben. Er wirft der Regierung Versagen vor.
Fast zwei Drittel der Erwachsenen wiegen zu viel
"Winston Churchill hat die Gesundheit einer Nation als ihr größtes Kapital bezeichnet. Die Rolle von Regierungen ist es einzugreifen, um Probleme zu beseitigen. Aber die moderne konservative Ideologie ist, dass man alles laufen lassen kann, ohne je einzugreifen", sagt Dimbleby. "Das wird dem Land sehr schaden, wenn sich das nicht ändert."
Dimbleby ist sich sicher, dass auf das britische Gesundheitssystem gigantische Kosten zurollen. In England ist unter den Zehn- und Elfjährigen schon heute fast jedes vierte Kind fettleibig, insgesamt bringen 38 Prozent dieser Altersgruppe zu viel auf die Waage - bei den Erwachsenen sind es 64 Prozent.