Neubewertung von Immobilien Mehr Steuern auf Erbschaft und Schenkung
Immobilien werden bei Schenkung und Erbschaft künftig anders bewertet. Für Angehörige kann das höhere Steuern bedeuten. Auch die Bodenpreise sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen.
Viele Erben von Häusern und Wohnungen und Empfänger von Immobilienschenkungen müssen vom kommenden Jahr an voraussichtlich mehr Steuern zahlen. Der Interessenverband privater Immobilienbesitzer "Haus und Grund" geht davon aus, dass durch gesetzliche Änderungen bis zu zwei Drittel aller Immobilien in Deutschland höher bewertet werden und dass mindestens die Hälfte der Betroffenen stärker vom Fiskus zur Kasse gebeten werden. "Zu den ohnehin schon stark gestiegenen Bodenpreisen, die auf die Steuerbewertung durchschlagen, kommen jetzt weitere gesetzlich geregelte Bewertungsverschärfungen", erklärt Sibylle Barent, Steuerexpertin des Verbandes.
Jahressteuergesetz ändert Berechnungsgrundlage
Hintergrund ist das Jahressteuergesetz. Dadurch ändern sich die Berechnungsgrundlagen der gesetzlich geregelten Wertermittlung von Immobilien. Ziel ist eine Anpassung an das tatsächliche Preisniveau auf dem Immobilienmarkt: Bei der Erbschaftssteuer soll der reale Verkehrswert berücksichtigt werden. Durchschnittlich rechnet der Verband "Haus und Grund" mit Steigerungen von 20 bis 30 Prozent bei den Bewertungen von Immobilien - und das kann sich bei der Erbschaftssteuer bemerkbar machen.
Wenn keine Vergleichsdaten für den örtlichen Immobilienmarkt vorliegen, wird vom kommenden Jahr an für die Bewertung einer Immobilie bei Erbschaft oder Schenkung auf veränderte Berechnungsgrundlagen und erhöhte Bewertungsfaktoren zurückgegriffen. Der Bundesfinanzminister geht allerdings nicht davon aus, dass es sich dabei um viele Fälle handeln wird. "Die entsprechenden Verfahren des Bewertungsgesetzes werden nur dann genutzt, wenn die örtlichen Gutachterausschüsse nicht die Möglichkeit haben, den Verkehrswert festzustellen", sagte Christian Lindner (FDP) am Mittwoch auf dem "Wirtschaftsgipfel" der Süddeutschen Zeitung.
In welchen Orten oder Regionen konkret Immobilien von den Veränderungen betroffen sein werden, dazu liegt keine bundesweite Übersicht vor. Fest steht jedenfalls: Nicht überall in Deutschland liefern so genannte Gutachterausschüsse regelmäßig Marktdaten. Und auch wenn wie in Rheinland-Pfalz alle zwei Jahre ein Landesgrundstücksmarktbericht vorgelegt wird, ist in gefragten Regionen und Lagen wegen der gestiegenen Marktpreise sowieso mit Erhöhungen zu rechnen.
Steuerlicher Freibetrag wird schneller überschritten
Der Bund der Steuerzahler sieht negative Folgen vor allem für diejenigen, deren Immobilienwerte bislang knapp unter dem steuerlichen Freibetrag liegen, künftig diesen aber in Folge der höheren Bewertung überschreiten; außerdem für alle, die bereits vor den Änderungen über dem Freibetrag lagen. Mit folgendem Beispiel veranschaulicht der Steuerzahlerbund die höhere Steuerlast für Immobilienbesitzer und ihre Erben:
Frau Mustermann plant, ihr Haus an ihren Sohn zu verschenken. Die Immobilie ist durch die veränderte Bewertung nun künftig 30 Prozent mehr wert, also 650.000 Euro statt wie bislang 500.000 Euro. Der Freibetrag für Kinder liegt bei 400.000 Euro. Somit muss der Sohn von Frau Mustermann für den Wert von 250.000 Euro Schenkungsteuer zahlen, nicht mehr nur für 100.000 Euro. Das bedeutet konkret 27.500 Euro mehr statt nur 11.000 Euro.
Überschreibung noch in diesem Jahr?
Katharina Kaebe, Fachanwältin für Erbrecht in Mainz, bekommt aktuell vermehrt Anfragen zu Übertragungen von Immobilien noch in diesem Jahr. Das eigene Haus oder die eigene Wohnung kurzfristig vor Jahresende noch an Erben übertragen sollten aber aus Sicht der Expertin nur die Eigentümer, die das ohnehin schon länger planten und gut überlegt hätten.
Von Panik-Aktionen rät Anwältin Kaebe ab. Niemand sollte sich übereilt aus Steuergründen seiner Lebensgrundlage entledigen. "Wenn das Häuschen später für Pflegeheimkosten gebraucht wird, ist es von Nachteil, wenn es einem nicht mehr gehört." Das Geld, dass man durch Steuer sparen könnte, mache nicht die Nachteile wett, die entstünden, wenn zum Beispiel das Kind insolvent ginge oder sich scheiden ließe. "Das sollte man gut vorbereiten und entsprechende Klauseln einbauen", so die Fachanwältin für Erbrecht.
Anhebung der Freibeträge gefordert
Bei Geschäftsimmobilien und vermieteten Mehrparteienhäuser dürften die veränderten Berechnungsgrundlagen besonders starke Auswirkungen haben. Steuerexpertin Barrent vom Interessenverband privater Immobilienbesitzer befürchtet: "Dadurch könnte für Erben vermieteter Immobilien der Druck entstehen, die Erbschaftssteuer über Mietererhöhungen zu erwirtschaften." Aber auch für selbstnutzende Eigentümer würden höhere Steuerbelastungen entstehen. Die Freibeträge müssten mit den steigenden Bewertungen mitwachsen.
Auch der Bund der Steuerzahler fordert eine Anhebung der Freibeträge. "Wir kritisieren, dass trotz einer Änderung der Bewertung und damit einhergehender höherer Werte für Immobilien keine Anhebung der Freibeträge im Erbschafts- und Schenkungsfall diskutiert und beschlossen wird", so Daniela Karbe-Geßler, Steuerexpertin beim Bund der Steuerzahler. "Ohne die Anpassung kommt es zu einer Steuererhöhung." Dies müsse sich ändern, fordert Karbe-Geßler.
Auch der Bundesfinanzminister würde höhere Freibeträge begrüßen. Es handele sich aber um eine Ländersteuer, deshalb sei er vorsichtig mit Empfehlungen. "Es müsste eine Initiative vorzugsweise von den Ländern selbst kommen, wenn wir endlich die Freibeträge der Erbschaftssteuer anpassen würden", sagt Finanzminister Lindner. Diese seien zuletzt 2009, also vor dreizehn Jahren, festgelegt worden.