Trotz Einigung im Schuldenstreit Standard & Poor's entzieht den USA die Bestnote
Nur mit Mühe hatte US-Präsident Obama eine Anhebung der Schuldengrenze durch das Repräsentantenhaus gebracht - der Ratingagentur Standard & Poor's reicht das nicht. Sie stufte die größte Volkswirtschaft der Welt um eine Stufe herunter - von AAA auf die Note AA+. Die US-Regierung warf dem Unternehmen Berechnungsfehler vor.
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Gestern Nachmittag liefen die Telefone heiß zwischen dem US-Finanzministerium in Washington und der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) in New York. Zunächst war Finanzminister Timothy Geithner darüber informiert worden, dass man am Abend die US-Kreditwürdigkeit von der Bestnote AAA auf AA+ herabstufen werde.
Im Ministerium begann man daraufhin die Berechnungsgrundlagen der Ratingagentur noch einmal zu überprüfen. Mit Erfolg. Es wurde ein Rechenfehler in Höhe von zwei Billionen Dollar entdeckt. Die Verantwortlichen bei Standard & Poor’s akzeptierten die Korrektur - doch sie teilten später dem Ministerium mit, dass dies nichts an der Herabstufung der US-Bonität ändere.
Die Antwort Washingtons war dann eindeutig und bezog sich vor allem auf den Rechenfehler: Die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der USA durch die Ratingagentur enthalte fundamentale Fehler, teilte ein namentlich nicht genannter Regierungsvertreter den Medien mit. Doch an der Entscheidung von Standard & Poor’s gab und gibt es nichts mehr zu rütteln.
S&P: Geplante Einsparungen reichen nicht
John Chambers, der Chef der Ratingagentur, begründete in der vergangenen Nacht im amerikanischen Fernsehen die Herabstufung der US-Bonität so: "Die politische Ausgangslage in den USA wurde verändert. Und die Waghalsigkeit, mit der man die die Schuldenobergrenze erhöht hat, das lag schon außerhalb unserer Vorstellungskraft."
Mit dieser Äußerung machte Chambers deutlich: Die heftige Art und Weise, wie in den vergangenen Wochen über die Schuldenkrise im Kongress gestritten wurde, hat das Vertrauen der Wirtschaft in die Politik erschüttert. Ein anderer Kritikpunkt: Die Einsparungsmaßnahmen, die Repräsentantenhaus und Senat Anfang der Woche beschlossen hatten, seien nicht ausreichend: "Obwohl wir die Übereinkunft haben, dass in den nächsten zehn Jahren mindestens 2,1 Billionen Dollar im Haushalt eingespart werden sollen, wird es schwierig werden, diese Summe noch zu erhöhen. Aber es muss noch mehr gespart werden, um die Schuldengrenze in den Griff zu bekommen", so Chambers.
Bereits Mitte Juli hatte die Ratingagentur vor einer Herabstufung gewarnt, falls es nicht mindestens vier Billionen Dollar an Einsparungen geben werde. Zum ersten Mal seit 70 Jahren werden die USA jetzt von einer der großen Ratingagenturen nicht mehr mit der Bestnote bewertet. Für die US-Regierung ist diese Entscheidung von S&P ein schwerer Schlag. Das Image der Vereinigten Staaten als der größten Wirtschaftsnation der Welt wird damit in Misskredit gezogen.
Druck auf die Börsen noch einmal erhöht?
Weitere Konsequenzen können Zinserhöhungen auf dem Kreditmarkt sein. Der Finanzexperte Allan Chertoff sagte im Fernsehsender CNN: "Natürlich ist es möglich, dass jetzt ein paar Zinsen ansteigen werden. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Aktienmärkte am Montag noch weiter unter Druck kommen können." Und so wird am Montag an den Börsen das große Zittern herrschen. Präsident Barack Obama kann sich immerhin damit trösten, dass die beiden anderen großen Ratingagenturen, Moody’s und Fitch, nach wie vor der US-Kreditwürdigkeit die Bestnote ausstellen.