Stuttgarter Konzern Mercedes schraubt Elektroauto-Ziele herunter
Eigentlich wollte Mercedes-Benz im Jahr 2030 möglichst nur noch Elektroautos ausliefern. Jetzt erwartet der Stuttgarter Konzern bis dann einen Anteil am Absatz von höchstens 50 Prozent.
Mercedes-Benz hat die Erwartungen beim Umstieg auf Elektromobilität zurückgeschraubt. Bis 2030 rechnet der Autobauer nur noch mit einem Absatzanteil von E-Autos und Hybriden von bis zu 50 Prozent. Im laufenden Jahr soll jedes fünfte Auto einen Batterieantrieb haben, wie die Marke mit dem Stern heute mitteilte.
Bisher hielt sich der Hersteller bereit für bis zu 100 Prozent Elektroautoabsatz - bei entsprechender Nachfrage. So rief Konzernchef Ola Källenius vor zweieinhalb Jahren die Strategie des "Electric only" aus, "wo immer es die Marktkonditionen zulassen".
"Das Tempo der Transformation bestimmen die Marktbedingungen und die Wünsche der Kunden", erklärte Mercedes nun. Das Unternehmen wolle unterschiedliche Kundenwünsche erfüllen, ob Autos mit vollelektrischem Antrieb oder Verbrennungsmotor - "bei Bedarf bis in die 2030er-Jahre hinein".
"Außergewöhnliche Unsicherheiten" lassen Gewinne bröckeln
Nach einem Gewinnrückgang 2023 rechnet Mercedes-Benz derweil erneut mit einem schwachen Jahr. Bei einem Umsatz auf Vorjahresniveau werde das Betriebsergebnis 2024 leicht zurückgehen und damit die Rendite sinken, erklärte der Konzern. "Die wirtschaftliche Lage und die Automobilmärkte sind nach wie vor von außergewöhnlichen Unsicherheiten geprägt." Neben Kriegen und Belastungen in der Lieferkette gehören Spannungen zwischen China und den USA wie auch Europa zu den Risikofaktoren.
In den Jahren der Corona-Pandemie hatte Mercedes-Benz noch deutlich davon profitiert, dass Lieferengpässe die Produktion störten und bei hoher Nachfrage die Verkaufspreise von Neu- und Gebrauchtwagen aus dem Leasing-Rücklauf nach oben trieben. Zudem griffen Kostensenkungen, die Konzernchef Ola Källenius früh eingeleitet hatte.
2023 hatten jedoch Lieferprobleme bei wichtigen Modellen und das schwierige Umfeld den Gewinn schrumpfen lassen. Dazu schlug die hohe Inflation trotz Entlastungen bei Rohstoffen zu Buche. Das Betriebsergebnis (Ebit) sank um vier Prozent auf 19,7 Milliarden Euro bei einem leichten Umsatzanstieg auf 153,2 Milliarden Euro, hieß es vom DAX-Konzern. Auch im laufenden Jahr soll das Ebit leicht zurückgehen, was einem Minus zwischen fünf und 15 Prozent entspricht.
Besseres Ergebnis als erwartet
Die Rendite in der Hauptsparte Pkw verringerte sich 2023 um zwei Prozentpunkte auf 12,6 Prozent, da der Gewinn um 13 Prozent einbrach. Die Marge soll in diesem Jahr weiter abbröckeln, Mercedes stellt eine Spanne von zehn bis zwölf Prozent in Aussicht. Produktionsprobleme des Zulieferers Bosch mit 48-Volt-Systemen für Verbrennungsmotoren hatten die wichtigen Modelle GLC und E-Klasse ausgebremst.
Das soll rund 100.000 Fahrzeuge betroffen haben, die sich auf dieses Jahr verschieben. Lieferprobleme sollen auch in der ersten Jahreshälfte noch anhalten, so dass der Pkw-Absatz auf dem Vorjahresniveau von rund zwei Millionen erwartet wird. Die kleinere Van-Sparte hingegen erhöhte den Gewinn sprunghaft um fast zwei Drittel auf rund drei Milliarden Euro. Die Marge schnellte von elf auf 15,5 Prozent hoch.
Insgesamt schnitt Mercedes besser ab als von Analysten prognostiziert. Wegen der schwächeren Wirtschaftslage hatten Branchenbeobachter erwartet, dass die Schwaben den ausgezeichneten Lauf aus den Vorjahren nicht aufrechterhalten können. Unter dem Strich verdiente der Stuttgarter Konzern 14,5 Milliarden Euro, das waren zwei Prozent weniger als 2022. Rund 91.000 Beschäftigte in Deutschland sollen auch in diesem Jahr eine Prämie bis zu 7.300 Euro erhalten.
Milliardenschwerer Aktienrückkauf angekündigt
Die Investoren will Källenius dank einer weiterhin guten Kassenlage mit einem neuen Aktienrückkauf im Volumen von drei Milliarden Euro, der Aussicht auf weitere solche Programme und der leicht höheren Dividende von 5,30 Euro je Aktie bei Laune halten. Das Papier zog daher heute deutlich an. Nach dem Handelsstart legte es um 4,1 Prozent auf 70,87 Euro zu. Damit erreichte die Aktie ein Hoch seit August.
Analysten von Investmentbanken hatten sich bereits wohlwollend über die Möglichkeit wiederholter Aktienrückkäufe geäußert, die das Unternehmen am Vorabend in Aussicht stellte. Die neue Leitlinie von Mercedes für Dividenden und Aktienrückkäufe sei kühn, stehe aber auch im Einklang mit dem Werben des Konzerns um luxusorientierte Anleger, schrieb Jefferies-Experte Philippe Houchois. Untermauert werde sie durch den stabilen Mittelzufluss, den Mercedes erwirtschafte.
Bereits im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen einen Rückkauf über bis zu vier Milliarden Euro beschlossen. Aktienrückkäufe sind insbesondere zur Kurspflege beliebt: Über eine zusätzliche Nachfrage des Unternehmens werden Aktien eingezogen, was den Anteil der übrigen Aktien am zu verteilenden Gewinn rechnerisch erhöht. Das sorgt in aller Regel bei der Ankündigung für ein Kursplus. Kritiker werfen den Konzernmanagern hingegen vor, dass sie offenbar keine rentable Verwendung für das erwirtschaftete Geld mehr fänden.