Hohe Kosten für Reparaturen Windkraft bringt Siemens Energy Milliardenverlust
Siemens Energy geht wegen der massiven Probleme im Windgeschäft von einem Jahresverlust von mehreren Milliarden Euro aus. Verantwortlich für die hohen Kosten sind Mängel bei den Windrädern an Land und das Hochfahren der Offshore-Anlagen.
Die tiefgreifenden Probleme bei der spanischen Windkraft-Tochter Siemens Gamesa drücken Siemens Energy im laufenden Geschäftsjahr mit rund 4,5 Milliarden Euro in die roten Zahlen. Das teilte der Energietechnik-Konzern heute mit. Vorangegangen war eine eingehende Analyse der Qualitätsmängel bei Windrädern von Siemens Gamesa für den Einsatz an Land und der Probleme beim Hochlauf der Produktion von Windanlagen auf hoher See.
"Unsere Ergebnisse des dritten Quartals zeigen die Herausforderungen beim Turnaround von Siemens Gamesa", sagte Vorstandschef Christian Bruch. Nun will der Vorstand die Strategie im Wind-Geschäft insgesamt auf den Prüfstand stellen, das seit Jahren Negativ-Überraschungen und Verluste produziert.
1,6 Milliarden Euro für Schäden an Rotorblättern
"Aufgrund der Entwicklungen bei Siemens Gamesa überprüfen wir den aktuellen Strategie- und Maßnahmenplan im Windgeschäft", hieß es in der Mitteilung. Einzelheiten dazu will Bruch auf einem Kapitalmarkttag im November vorstellen. Allein bei der spanischen Siemens Gamesa dürften 4,3 Milliarden Euro Verlust auflaufen.
Bisher hatte Siemens Energy bereits mit einem Minus von mehr als 800 Millionen Euro gerechnet. Ende Juni ahnte Siemens Energy aber bereits, dass das Ausmaß der Schäden größer sein würde als gedacht und warnte vor zusätzlichen Belastungen in Milliardenhöhe bei der Windkraft-Tochter.
Nun sieht Vorstandschef Christian Bruch klarer: Rund 1,6 Milliarden Euro werde es kosten, die Schäden an Rotorblättern und Lagern bei den Onshore-Plattformen 4.X und 5.X von Siemens Gamesa zu beheben. Die Turbinen liefen aber, die Reparaturen sollen größtenteils 2024 und 2025 stattfinden. Als Konsequenz will sich Siemens Gamesa von einigen Lieferanten trennen.
Kosten für Stahl und Energie laufen davon
600 Millionen Euro veranschlagt Siemens Energy für die aus dem Ruder laufenden Material- und Beschaffungskosten bei Offshore-Windrädern und den holprigen Hochlauf, bei dem Fabriken auf größere Turbinen umgerüstet und Mitarbeiter angelernt werden müssen. Gamesa hat - wie die Konkurrenz - mit den Kunden feste Preise vereinbart. Doch nun entpuppen sich viele Aufträge als verlustträchtig, weil den Herstellern die Kosten für Stahl und Energie davonlaufen.
Dazu kommen negative Steuereffekte: Siemens Energy kann Verlustvorträge in Höhe von 700 Millionen Euro vorerst nicht mehr nutzen, so lange nicht absehbar ist, wann der Konzern wieder schwarze Zahlen schreibt. Im vierten Quartal geht der Vorstand rechnerisch von operativen Verlusten von mindestens 600 Millionen Euro aus.
Verlust im dritten Quartal vervielfacht
Trotz eines riesigen Auftragseingangs rechnet Siemens Gamesa für das Geschäftsjahr 2022/23 allenfalls mit einem stagnierenden Umsatz. Im dritten Quartal brach er um zwölf Prozent ein, obwohl sich der Auftragseingang auf 7,4 Milliarden Euro mehr als verdoppelte, unter anderem wegen Großaufträgen für Offshore-Anlagen. Das drückt das erwartete Umsatzwachstum im Konzern auf neun bis elf (bisher zehn bis zwölf) Prozent. Auch das Ergebnis vor Sondereffekten von Siemens Energy dürfte nun tiefrot ausfallen; bisher hatte der Konzern wenigstens noch mit einer Marge von einem Prozent gerechnet.
Unter dem Strich vervielfachte sich der Verlust im dritten Quartal (per Ende Juni) auf 2,9 Milliarden Euro, nach einem Minus von 564 Millionen Euro im Vorjahresquartal.
Dagegen zeigten sich das übrige Energietechnikgeschäft robust. Sowohl im Geschäft mit Gasturbinen, Energienetzen sowie im Bereich Transformation of Industrie konnten die operativen Ergebnisse gesteigert werden. Der Umsatz stieg im Konzern um acht Prozent auf 7,5 Milliarden Euro. Der Auftragseingang legte um mehr als die Hälfte auf 14,9 Milliarden Euro zu. "Die starke Leistung der übrigen Geschäftsbereiche gibt mir das Vertrauen in die Fähigkeit unseres Unternehmens, Geschäfte wieder wirtschaftlich erfolgreich aufzustellen", sagte Bruch.