Wohnungsmangel in Deutschland Baugenehmigungen brechen massiv ein
In Deutschland fehlen Tausende Wohnungen. Trotzdem gibt es immer weniger Baugenehmigungen. Teure Materialien und Finanzierungen schrecken potenzielle Hausbauer und Investoren ab.
Die Flaute am Bau hält weiter an. Im ersten Quartal ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen in Deutschland eingebrochen. Von Januar bis März gab es für rund 53.500 Wohnungen grünes Licht von den Behörden. Das teilte das Statistische Bundesamt mit.
Das waren mehr als 22 Prozent und damit 15.200 Wohnungen weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres. Allein im März gab es im Vorjahresvergleich ein Minus von fast einem Viertel auf rund 18.500. Im Vergleich zum März 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen sogar um knapp 47 Prozent oder etwa 16.300 Wohnungen. In diesen Ergebnissen sind sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in Neubauten als auch für neue Einheiten in bestehenden Gebäuden enthalten.
Einfamilienhäuser besonders betroffen
Besonders deutlich ging im ersten Quartal die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser zurück: um 35,6 Prozent auf 9.200 Einheiten. Bei den Zweifamilienhäusern sank die Zahl genehmigter Wohnungen um 20 Prozent auf 3.200. Auch bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich um 22,9 Prozent oder 8.500 Einheiten auf 28.700 Wohnungen.
Der Grund für die Flaute: Bauvorhaben haben sich wegen des kräftigen Anstiegs der Kreditzinsen und gestiegener Baukosten in den vergangenen zwei Jahren stark verteuert. Teure Materialien und Finanzierungen schrecken Hausbauer und Investoren ab. Für Bauträger und Projektentwickler lohnt sich das Bauen derzeit kaum noch.
Bei den Baugenehmigungen geht es seit Monaten bergab. Die Branche ruft hier seit langem nach stärkeren Staatshilfen - etwa über Zinsstützungsprogramme für private Investoren. Zudem fordert die Lobby ein Lockern der teureren Baustandards etwa bei der Energieeffizienz. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Baugenehmigungen auf 260.000 Wohnungen eingebrochen und damit auf den tiefsten Stand seit 2012.
"Dramatik nicht unterschätzen"
Aus Sicht der Immobilienwirtschaft sollte "die Dramatik des Wohnungsmangels" nicht unterschätzt werden. "Wir sind noch nicht ansatzweise so weit, dass Fertigungszahlen die immer größere Wohnungslücke aufholen"¸ sagte der Präsident des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft ZIA, Andreas Mattner. Auch schlügen einbrechende Zahlen bei Projektentwicklungen erst noch richtig durch. Die Branche hatte erst im April über fehlende Neuaufträge und Stornierungen bereits geplanter Projekte geklagt.
Der ZIA hatte die Neubaulücke in Deutschland zuletzt auf 600.000 Wohnungen beziffert und gewarnt, dass dieser Wert ohne Korrekturen auf bis zu 830.000 Wohnungen im Jahr 2027 steigen könnte. Nach einer Studie des Bauforschungsinstituts ARGE sind die Baukosten in den vergangenen vier Jahren etwa in Großstädten um 42 Prozent gestiegen. Laut ARGE fehlen in Deutschland schon heute etwa 800.000 Wohnungen - vor allem bezahlbare.