Habeck zu Jahreswirtschaftsbericht Minimales Wachstum, aber Grund zur Zuversicht
Deutschland steht am Rande der Rezession, das zeigt der neue Jahreswirtschaftsbericht. Als Gründe nannte Wirtschaftsminister Habeck aktuelle Kriege und Krisen. Doch es gibt auch positive Entwicklungen - etwa beim Thema Inflation.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Wirtschaft in diesem Jahr nur minimal wachsen wird - um 0,2 Prozent. Das ist deutlich weniger als noch in der Herbstprojektion angenommen: Im Oktober war die Bundesregierung von einem möglichen BIP-Wachstum um 1,3 Prozent in diesem Jahr ausgegangen.
Hierfür sieht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen mehrere Gründe. "Wir kommen langsamer aus der Krise als erhofft", sagte der Minister bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts in Berlin. Habeck nannte als Faktoren die geopolitischen Veränderungen seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, aber auch die Inflation.
Sie habe zu hohen Zinsen geführt, die die Unternehmen und deren Investitionstätigkeit belasteten und gleichzeitig mit Kaufkraftverlust der Bürgerinnen und Bürger einhergehe, der die Binnennachfrage dämpfe. Die Bauwirtschaft schwächele, der Krankenstand sei im vergangenen Jahr hoch gewesen. All das drücke auf die Prognose.
"In schwerem Fahrwasser"
"Das weltwirtschaftliche Umfeld ist labil, das Wachstum des Welthandels historisch niedrig, was für eine Exportnation wie Deutschland eine Herausforderung ist." Die Wirtschaft sei "in schwerem Fahrwasser", weshalb Habeck sie mit einem "Reformbooster" nach vorn bringen will. "Es geht um nichts geringeres, als die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandortes zu verteidigen." Besonders im Fokus stünden dabei die Eindämmung des Arbeitskräftemangels, der Bürokratieabbau und bessere Rahmenbedingungen für Investitionen. Die Bundesrepublik leide unter "strukturellen Problemen, die sich über viele Jahre aufgebaut" hätten.
"Die größte Herausforderung für Deutschland ist der Arbeitskräftemangel", erklärte Habeck. "Wir brauchen alles Wissen und Können, alle Hände und Köpfe, alle Talente und Fähigkeiten." Ein großes Investitionshemmnis sei die Bürokratie, die für Unternehmen "zur Qual" geworden sei, so Habeck.
Erste Schritte beim Bürokratieabbau seien gemacht. "Aber es kann nur ein Anfang sein", betonte der Vizekanzler. Um den Betrieben das Wirtschaften leichter zu machen, seien alle Ebenen gefragt - Bund, Länder, Kommunen und die EU. Wichtig sei außerdem, Investitionen zu stärken und private Investitionen besser anzureizen. "Dazu hat die Bundesregierung das 'Wachstumschancengesetz' vorgeschlagen, das erste wichtige Impulse setzen soll", so Habeck.
Hoffen auf verlangsamte Teuerung
Doch es gebe Grund zur Zuversicht: Im Jahreswirtschaftsbericht geht die Bundesregierung davon aus, dass sich die Teuerung in diesem Jahr auf 2,8 Prozent abschwächt; 2023 hatte die Inflationsrate noch bei 5,9 Prozent gelegen. Die Inflation sei "gezähmt", betonte Habeck.
"Die Lohnzuwächse sind spürbar und werden in diesem Jahr oberhalb der Inflationsrate liegen", fügte er hinzu. "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben endlich auch real wieder mehr Geld im Portemonnaie, die Kaufkraft steigt." Wichtige Hoffnungszeichen seien außerdem Rekordzahlen bei der Beschäftigung sowie beim Zubau und Anteil von Erneuerbaren Energien.
Angesichts des anhaltenden Streits innerhalb der Ampelkoaltion gab sich Habeck einsichtig. Zwar habe die Ampel "in großer Geschwindigkeit unpopuläre Themen angepackt, die jahrzehntelang liegen geblieben waren". Viele Entscheidungen der Regierungen seien aber mit viel Lautstärke gefällt worden. Das hätte leiser gehen sollen. "Diese Kritik nehme ich an", so Habeck. Was es nun brauche, sei eine "Haltung des Unterhakens" und der konkreten nächsten Schritte.