Wirtschaftsminister Habeck Schlechte Zahlen, miese Stimmung
Drei Tage ist Wirtschaftsminister Habeck in dieser Woche durch Sachsen, Thüringen und Bayern gereist, um sich von der Stimmung vor Ort angesichts der schwachen Konjunktur ein Bild zu machen. Kein Heimspiel für den Grünen-Politiker.
Was soll man zu diesen Zahlen sagen? Im vergangenen Jahr ist die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft. Und auch für dieses Jahr ist laut Jahreswirtschaftsbericht kaum Besserung zu erwarten. Nur ein Plus von 0,2 Prozent. "Was wirklich dramatisch schlecht ist", sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. "So können wir nicht weitermachen."
Deutliche Worte zu ernüchternden Prognosezahlen, die offiziell erst in der kommenden Woche vorgestellt werden sollen, aber an diesem Tag bereits durchgedrungen sind. Habeck spricht auf der Mitteldeutschen Handwerksmesse in Leipzig, zum Auftakt einer dreitägigen Tour durch Sachsen, Thüringen und Bayern.
Kein Heimspiel für den Grünen-Politiker. Denn zu den schlechten Wirtschaftsdaten kommt mancherorts auch miese Stimmung. Einige Pfiffe auf der Handwerksmesse, lautstarker Protest in Nürnberg oder auch im thüringischen Seligenthal. Landwirte mit Treckern, aber auch andere aufgebrachte Leute, die skandieren, dass die Ampel wegmüsse.
Weltweit maue Wirtschaftslage
In der Diskussionsrunde "RND vor Ort" bei der "Leipziger Volkszeitung" geht es deutlich ruhiger zu. Der Saal ist gut besucht mit Lesern und Politikinteressierten. Hier gibt es auch manchen Applaus für Habeck. Aber die Stimmung könnte besser sein, sagen einige Besucher.
Die 24-jährige Studentin Mona Bickelmann erzählt von aufgeheizten Debatten. "Wenn ich meine Meinung sage, bekomme ich auch manchen Hass ab." Der 71-jährige Rentner Harald Junghanns stellt fest, dass in seinem Umfeld fast alle unzufrieden seien.
Die 29-jährige Angestellte Anna Wilde erklärt sich das mit den diversen Krisen der vergangenen Jahre und der schwierigen Lage in vielen Bereichen. "Deshalb steht die Regierung natürlich deutlich schlechter da als die Opposition. Umgekehrt wäre es wohl genauso."
Habeck verweist auf die weltweit maue Wirtschaftslage. Russlands Krieg in der Ukraine, die Energiepreise und die Wachstumsschwäche in China, unter der das Exportland Deutschland mehr leide als andere. "Man muss blind und taub sein, wenn man nicht erkennt, dass sich die Welt geändert hat", so der Wirtschaftsminister.
Ungeduld bei den Industrie- und Handelskammern
Diese Probleme könne die hiesige Politik allein nicht lösen, aber doch die Hausaufgaben machen. Und aus Habecks Sicht haben er und die Ampel-Regierung einiges erreicht. "Wir sehen einen Fortschritt beim Ausbau der Infrastruktur. Es ist nicht so, dass wir beim Bürokratieabbau nichts geschafft hätten, sondern sehr viele Genehmigungen werden jetzt schneller erteilt." Zudem seien nun viele Maßnahmen zur Entbürokratisierung auf den Weg gebracht worden.
Bei Gesprächen mit Vertretern der mitteldeutschen Industrie- und Handelskammern in Erfurt ist aber Ungeduld zu spüren. Viele sehen hier das Land nicht auf dem richtigen Gleis, eher im Gegenteil. Ein Vorwurf, der sich nicht nur an die jetzige Regierung richtet. So manches habe sich über Jahre in die falsche Richtung bewegt.
Der Präsident der IHK Erfurt, Dieter Bauhaus, fasst es so zusammen: "Eines unserer Grundprobleme ist, dass wir den Eindruck haben, auf Wirtschaft wird zu wenig gehört."
Habeck und Lindner haben grundverschiedene Ansätze
In der Ampelkoalition herrscht angesichts des anhaltend schwachen Wachstums Einigkeit darüber, dass etwas getan werden muss für mehr Dynamik. Aber was? Darüber gehen die Einschätzungen auseinander.
Habeck setzt auf staatliche Investitionen, um die Energiewende und den klimagerechten Umbau der Industrie voranzubringen - gerne auch über neue Schulden. Aber der Koalitionspartner, FDP-Finanzminister Christian Lindner, verweist auf die Schuldenbremse und hält milliardenschwere Subventionsprogramme aus marktwirtschaftlichen Erwägungen für falsch.
Es sind die beiden grundverschiedenen Ansätze, die immer wieder für Streit und das Bild der Uneinigkeit innerhalb der Bundesregierung sorgen. In einer Lage, in der das Vertrauen in die Ampel immer geringer wird.
Viel zu bereden
Im September werden in Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. In den Umfragen liegt die AfD deutlich vor allen Ampel-Parteien. Auch deshalb ist Grünen-Politiker Habeck auf seiner Tour und versucht Zuversicht zu verbreiten. Es komme nun darauf an, mit welcher politischen Haltung wir die Probleme angehen, so der Wirtschaftsminister. "Und die kann nur sein: Wir krempeln die Ärmel hoch und machen es."
Drei Tage, viele Termine - und die größte Herausforderung ist vielleicht, überhaupt ins Gespräch zu kommen. Es gibt viel zu bereden in diesen Zeiten für Wirtschaftsminister Habeck.