Landwirtschaftspolitik der Grünen Habeck will Bauern helfen, doch neuer Ärger droht
Das Verhältnis der Grünen zur Landwirtschaft ist angespannt. Wirtschaftsminister Habeck will den Bauern mehr Einfluss bei der Preisgestaltung geben. Doch beim geplanten Verbot der Anbindehaltung von Rindern verschärft sich der Ton.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will Bauern mehr Einfluss auf die Preisgestaltung ermöglichen. Das Hauptproblem der Landwirte sei häufig, dass sie ihre Produktionskosten nicht weitergeben könnten, sagte der Grünen-Politiker bei einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Habeck stellt Reform in Aussicht
Künftig sollten die Landwirte stärker mitbestimmen, wie viel Fleisch, Milch und Käse kosten. Aktuell sei der Markt nicht fair, betonte Habeck. Die Preise würden bisher von den Abnehmern und der Zwischenverarbeitung bestimmt, also den Schlachtereien, Molkereien und großen Discountern. Der Wirtschaftsminister stellt nun eine Reform in Aussicht, nennt bisher aber keine Einzelheiten, wie diese Reform aussehen könnte.
Die Grünen stehen bei den Landwirten schwer in der Kritik. Viele Bauern gehen derzeit gegen die geplante Subventionskürzung beim Agardiesel auf die Straße. Im baden-württembergischen Biberach mussten die Grünen gestern ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch aus Sicherheitsgründen absagen. Eine Demo, an der viele Landwirte teilnahmen, eskalierte. In Schorndorf wurde die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang massiv beschimpft.
Kritik an Özdemir-Plänen
Das Landwirtschaftsministerium ist in der Hand der Grünen. Die Kritik der Bauern trifft deshalb häufig den verantwortlichen Minister Cem Özdemir. Gegen dessen Pläne, die Anbindehaltung von Rindern grundsätzlich bis auf wenige Ausnahmen zu verbieten, gibt es nun Protest. Der Deutsche Bauernverband sprach von "Strukturpolitik mit der Brechstange". Das sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken der Augsburger Allgemeinen.
Es sei unverständlich, dass ausgerechnet jetzt den Landwirten ein weiteres Bündel von Auflagen aufgebürdet werden solle. Der Gesetzentwurf stehe im Widerspruch zu Ankündigungen von Bürokratieabbau und Entlastungen der Landwirte, argumentierte Krüsken. Er forderte die Bundesregierung auf, einen Kompromissvorschlag aus Bayern aufzugreifen, statt eines Verbots den freiwilligen Umstieg der Betriebe auf Kombinations- und Laufstallhaltung zu fördern. "Die Betriebe brauchen eine Entwicklungsperspektive und das bayerische Modell mit der Kombihaltung ist dafür ein guter Weg", sagte der Bauernverbandsvertreter.
Die Zahl der Betriebe mit Anbindehaltung sinke ohnehin seit Langem, doch viele Höfe könnten die Umstellung auf einen Laufstall kaum bewältigen, fügte Krüsken hinzu.
Anbindehaltung vor allem in Bayern üblich
Laut dem Entwurf des Bundeslandwirtschaftsministerium soll für die vor allem in Süddeutschland übliche Anbindehaltung nur noch eine Übergangszeit von fünf Jahren gelten, um eine Umstellung zu ermöglichen.
Für kleine Betriebe soll es weiterhin möglich sein, bis zu 50 Rinder angebunden im Stall zu halten, wenn sie während der Weidezeit im Freien sind und außerhalb dieser Zeit mindestens zweimal in der Woche Zugang zu einem Freigelände haben. Tiere etwa kurz bei Transporten anzubinden, soll generell weiter zulässig sein.
Laut einer Studie des Thünen-Instituts, auf die sich auch das Landwirtschaftsministerium in seinem Gesetzentwurf beruft, gab es 2020 noch rund 17.000 Milchviehbetriebe, die ihre Kühe zumindest zeitweise im Stall anbanden. Das entsprach 35 Prozent aller Milchviehbetriebe und elf Prozent aller Milchkühe. In Bayern ist es nach Angaben des Bauernverbands jeder zweite Milchviehbetrieb. Bayern macht sich im Bundesrat dafür stark, die Anbindehaltung von Kühen auch weiterhin nicht gesetzlich zu verbieten. Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber nannte das geplante Verbot "zu restriktiv und nicht praktikabel".
Mit Informationen von Jan Zimmermann, ARD-Hauptstadtstudio