Deutsche Konjunkturschwäche Auch "Wirtschaftsweise" sehen weniger Wachstum
Deutschland kommt nicht aus seiner Wachstumsdelle heraus. Auch der Sachverständigenrat wird voraussichtlich seine Konjunkturprognose für 2024 senken. Die Regierung sagt im Jahreswirtschaftsbericht nur noch eine Stagnation voraus.
Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ("Wirtschaftsweise") geht von eingetrübten Aussichten für die deutsche Konjunktur in diesem Jahr aus. Vor der Veröffentlichung des neuen Jahreswirtschaftsberichts haben die Wirtschaftsweisen angekündigt, ihre Konjunkturprognose ebenfalls abzusenken.
Wachstum nahe null
Wie bereits bekannt ist, kappt die Regierung die Wachstumsprognose für dieses Jahr im Jahreswirtschaftsbericht von 1,3 auf 0,2 Prozent. Damit würde sich Deutschland in einer Stagnation befinden.
Der Sachverständigenrat, der die Bundesregierung berät, rechnet bislang für 2024 mit einem Wachstum von 0,7 Prozent der deutschen Wirtschaft. Doch auch dieses magere Wachstum werde Deutschland im laufenden Jahr wohl nicht erreichen, sagte die "Wirtschaftsweise" Ulrike Malmendier der Nachrichtenagentur Reuters. Die fünf "Wirtschaftsweisen" verwendeten ein eigenes Berechnungsmodell, welches die geringeren Ausgaben des Staates bereits berücksichtige.
Ähnlich wie die Bundesregierung sehen auch die Experten allenfalls noch ein Miniwachstum. "Ich denke, wir werden auf jeden Fall auch in die gleiche Richtung gehen", so Malmendier, "darauf deuten unsere Zahlen derzeit hin". Eine aktualisierte Prognose ist für Mitte Mai angekündigt.
Technische Rezession möglich
Die Ökonomen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gehen bislang davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr um 0,3 Prozent wächst. Die Prognose hat sich damit halbiert. Noch im November des vergangenen Jahres waren die Fachleute davon ausgegangen, dass die deutsche Wirtschaft 2024 um 0,6 Prozent wächst.
Aber selbst diese Annahmen könnten noch zu optimistisch sein. Einige Experten halten sogar ein zweites Jahr mit schrumpfender Wirtschaftsleistung in Folge für möglich. Der Bundesbank zufolge etwas droht der deutschen Wirtschaft im laufenden ersten Quartal erneut ein Minus beim Bruttoinlandsprodukt. Schon im vierten Quartal 2023 war Europas größte Volkswirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft. Zwei Minus-Quartale in Folge gelten als technische Rezession.
Auch der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, sieht Deutschland in einer längerfristigen Stagnation, wie er vor wenigen Tagen im Interview mit tagesschau24 erklärt hatte. Der Ökonom sieht eine Mitschuld der Ampelkoalition an der Wachstumsschwäche.
"Wir brauchen die Migration"
Malmendier verwies auch auf aktuelle Entwicklungen, die das Wachstum im Land hemmten - so etwa die jüngste Streikwelle in Deutschland. Dazu kämen strukturelle Probleme. So sei die Zahl der gearbeiteten Stunden rückläufig. Die Bevölkerung sei alt und die junge Generation wolle weniger arbeiten.
Hier helfe nur Zuwanderung, "um ehrlich zu sein, die Einwanderung jeglicher Arbeitskraft, die in Deutschland arbeiten möchte", so Malmendier. Allein mit inländischen Arbeitskräften und mehr Arbeitsstunden von Frauen sei das Problem nicht zu beheben. "Das wird nicht reichen. Wir brauchen die Migration."
Schuldenbremse statt Steuersenkungen
Der Jahreswirtschaftsbericht wird laut Handelsblatt eine Reihe von Maßnahmen enthalten, mit denen Arbeit in Deutschland attraktiver gemacht werden soll. Geplant sei etwa eine "Familienstartzeit", bei der die Partner von Müttern eine bezahlte Freistellung nach der Geburt eines Kindes beantragen können. Empfänger von staatlichen Transferleistungen sollen demnach mehr Zusatzeinkünfte erzielen können.
Dagegen hat sich die Bundesregierung dem Bericht zufolge nicht auf Steuersenkungen für Unternehmen einigen können. Gleichzeitig enthalte der Bericht ein klares Bekenntnis zu Schuldenbremse.