Erstmals seit 2010 Häuser und Wohnungen werden billiger
Deutlich höhere Kosten für Kredite lassen die Nachfrage nach Wohnimmobilien sinken. Die Folge: Zum ersten Mal seit zwölf Jahren sind die Preise Ende 2022 deutschlandweit gesunken.
Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind zum Ende des vergangenen Jahres erstmals seit zwölf Jahren gesunken. Sie fielen von Oktober bis Dezember um durchschnittlich 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, teilte das Statistische Bundesamt mit. Das ist der erste Rückgang seit Ende 2010, als es ein Minus von 0,5 Prozent gegeben hatte. Im Vergleich zum Vorquartal fielen die Preise für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser mit minus 5,0 Prozent noch deutlicher.
Ende des Booms?
Einen stärkeren Rückgang der Kaufpreise für Wohnimmobilien hatte es zuletzt im ersten Quartal 2007 mit minus 3,8 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2006 gegeben, teilten die Wiesbadener Statistiker mit. "Ausschlaggebend für den Rückgang der Kaufpreise dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation sein."
Mit dem rasanten Zinsanstieg ist der langjährige Boom auf dem deutschen Immobilienmarkt ins Stocken geraten, da Kredite teurer geworden sind. Im Gesamtjahr 2022 stiegen die Preise für Wohnimmobilien aufgrund der Zuwächse in den ersten drei Quartalen aber immer noch um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 2021 war mit plus 11,5 Prozent im Vorjahresvergleich der höchste Preisanstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 verzeichnet worden.
Größeres Minus bei Häusern
Sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen waren im letzten Quartal 2022 laut Statistik überwiegend Preisrückgänge zu verzeichnen. "Dabei sanken die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als die für Eigentumswohnungen", so die Statistiker.
So verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser in den kreisfreien Großstädten im Vergleich zum Vorjahresquartal um 5,9 Prozent, während die Preise für Eigentumswohnungen in diesen Städten nur um 1,0 Prozent sanken. In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamilienhäuser um 5,5 Prozent billiger, Eigentumswohnungen dagegen mit plus 0,1 Prozent nur geringfügig teurer.
Preise immer noch unangemessen hoch
In den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt/Main, Stuttgart und Düsseldorf verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser um 2,9 Prozent, für Eigentumswohnungen waren 1,6 Prozent weniger zu zahlen.
Nach Angaben der Bundesbank bleiben sehr viele Wohnimmobilien indes überbewertet. In den Städten lagen die Preise für Wohnimmobilien 2022 demnach immer noch zwischen 25 und 40 Prozent über dem eigentlich gerechtfertigten Niveau.
Fachleuten zufolge dürfte sich der Trend sinkender Immobilienpreise fortsetzen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält dieses Jahr einen Rückgang um bis zu zehn Prozent für möglich, die DZ Bank erwartet Nachlässe von vier bis sechs Prozent.
"Rückgänge werden moderat bleiben"
Experten bezweifeln aber, dass Deutschland vor dem Platzen einer Immobilienblase steht. Der Wohnungsmarkt gilt als robust selbst in Wirtschaftskrisen, denn Immobilien werden oft konservativ und langfristig finanziert. Selbst wenn die Preise über einen längeren Zeitraum in Summe um 15 Prozent nachgäben, stünde der Markt auf dem Niveau von Anfang 2020, sagte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer beim Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp), kürzlich.
Zugleich lag die Zuwanderung nach Deutschland auch im Zuge des Ukraine-Kriegs auf Rekordniveau. Der Bedarf an Wohnungen dürfte daher weiter zunehmen, erklärte Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). "Die Preisrückgänge werden moderat bleiben", erwartet er. Dazu kommt, dass Wohnungen knapp bleiben, denn der Baubranche machen niedrige Zinsen und teure Materialien zu schaffen. Im Januar brach der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe weiter ein, vor allem der schwache Neubau belastet. Das dürfte die Immobilienpreise stützen.