Frist für griechische Reformliste endet Banges Warten auf die Post aus Athen

Stand: 23.02.2015 17:46 Uhr

Bis Mitternacht hat die griechische Regierung Zeit, die geforderte Liste mit Reformen vorzulegen. Fieberhaft laufen Gespräche über die Pläne, um ein Ja der Eurogruppe zu erreichen. Erste Details sickerten bereits durch - und werfen Fragen auf.

Briefe aus Athen sind für Brüssel immer eine spannende Angelegenheit: Vor vier Tagen schickte die griechische Regierung ihren Antrag auf Verlängerung des Milliarden-Hilfsprogramms - und handelte sich ein donnerndes "Nein" vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble ein.

Billigung der Liste ist nicht sicher

Dass die neuerliche Post, eine Liste mit Reformvorschlägen, nun auf mehr Wohlwollen stößt, ist zu erwarten. Denn am Freitag gab es eine grundsätzliche Einigung. Aber sicher ist das nicht. "Die Institutionen werden eine vorläufige Meinung dazu äußern müssen, ob dies ausreichend ist", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. "Die Institutionen" - hinter diesem Begriff verbirgt sich nach wie vor das in Athen so ungeliebte dreibeinige Wesen, bestehend aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds.

Dass diese "Institutionen" - bisher bekannt als Troika" - weiter die Sparanstrengungen in Griechenland prüfen, ist nicht die einzige schwer verdauliche Pille, die die neue Regierung schlucken musste. Sie sagte am Freitag auch zu, dass begonnene Reformvorhaben weitergehen und dass nichts geschehen dürfe, ohne dass vorher brav die Geldgeber gefragt werden. "Darüber kann nun bei diesem Statement kein Zweifel mehr sein", sagte Schäuble. "Dieses Statement hat Griechenland mit verabschiedet, darauf hat sich Griechenland 'committed'."

Athen will offenbar Schmuggel bekämpfen und Steuern eintreiben

Die ersten Informationen, die über eine vorläufige Reformliste durchsickerten, waren: Athen will den Schmuggel mit Benzin und Zigaretten eindämmen. Außerdem will es die Staatskasse füllen, indem es mehr Steuern eintreibt, zum Beispiel von den Reichen. Dass ausgerechnet dies bekannt wurde, überrascht in Brüssel niemanden: Die neue Regierung will und muss dem Eindruck entgegentreten, alles gehe so weiter wie bisher: "Den Zigarettenschmuggel zu bekämpfen, ist nichts, womit man ein Land wirtschaftlich wieder auf die Füße kriegt, da muss deutlich mehr kommen", schimpfte der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff in der ARD.

Fest steht: Die Reformliste muss der Ex-Troika und den EU-Finanzministern gefallen. Gegen mehr Steuereinnahmen dürfte dabei niemand etwas einzuwenden haben. Widerstand ist aber durchaus zu erwarten, sollte Athen im Gegenzug versuchen, begonnene Reformen zurückzudrehen. Jedenfalls wurde hinter den Kulissen um die so wichtige Liste auch heute noch schwer gerungen. "Natürlich finden Gespräche statt", sagte die Kommissionssprecherin. "Wir sind im Kontakt mit der griechischen Führung sowie den Institutionen. Also ist es normal, dass Dokumente zirkulieren."

Bundestag müsste Einigung zustimmen

Die Brüsseler Behörde hatte sich ja bereits vergangene Woche als Vermittlerin zwischen Griechen und Euro-Ländern zu betätigen versucht. Am Dienstag nun werden die Finanzminister in einer Telefonschalte über die Liste befinden. Stimmen sie zu, sind noch Bundestag und andere Parlamente gefragt. Wollen sie Nachbesserungen oder lehnen sie gar ab, steigt der Adrenalinspiegel der Brüsseler Akteure wieder sprunghaft an. Denn dann wird die Zeit wirklich knapp: Eine griechische Staatspleite wird dann wieder wahrscheinlicher. Und damit auch der befürchtete und teure Austritt aus der Eurozone

Griechenland-Hilfe: Die nächsten Schritte
Heute: EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds wollen bis heute Abend die von Griechenland vorgelegte Liste endgültig bewerten. Wenn die drei das Papier billigen, kann eine viermonatige Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms der Europäer offiziell beschlossen werden - voraussichtlich in einer Telefonkonferenz der Finanzminister. In Ländern wie Deutschland muss auch das Parlament zustimmen.

Freitag, 27. Februar: In einigen Ländern müssen die nationalen Parlamente zustimmen. Die Abstimmung im Bundestag könnte am Freitagvormittag stattfinden.

Samstag, 28. Februar: Eigentlich wäre das schon einmal verlängerte Programm ausgelaufen. Wenn alles bewilligt wird, soll das aktuelle Hilfsprogramm um vier Monate bis Ende Juni verlängert werden.

Bis Ende April: Die griechische Regierung muss bis dahin eine endgültige Aufstellung ihrer Reformpläne vorlegen.
Kai Küstner, K. Küstner, ARD Brüssel, 23.02.2015 18:32 Uhr