Keine Einigung im EU-Schuldenstreit Auf der Suche nach belastbaren Zahlen
Nach dem vorläufigen Platzen der Verhandlungen im griechischen Schuldenstreit fordert die Eurogruppe endlich harte Wirtschaftsdaten aus Athen. Ohne die seien weitere Gespräche kaum möglich. Die Griechen werfen ihrerseits Brüssel "Schwammigkeit" vor.
Griechenlands Schuldenstreit mit der EU ist nichts für Menschen mit schwachem Nervenkostüm. So viel immerhin steht fest, wo ja sonst fast alle entscheidenden Punkte ungeklärt sind. Es steht jedenfalls viel auf dem Spiel.
"Es geht jetzt ans Eingemachte für Griechenland und die Eurozone. Ich rufe alle Seiten eindringlich dazu auf, eine Einigung zu erzielen. Denn sonst wären die Folgen für die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität ernst", so der besorgte britische Finanzminister George Osborne. Dessen Land ist gar nicht Mitglied der Eurozone, sehr wohl aber der EU. "Was wir jetzt brauchen, ist Kompetenz statt Chaos", fügte Osborne an. Ohne zu sagen, wen genau er damit meinte.
Aus Sicht von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem liegt der Ball jedenfalls ganz klar im Feld der Griechen. Das Ergebnis des gestrigen Treffens war eine unmissverständliche Drohung an die Adresse Athens gewesen: Ihr habt bis Freitag Zeit, eine Verlängerung des laufenden Milliarden-Hilfsprogramms zu beantragen, danach schließt sich der Rettungsschirm.
"Wir in Europa wissen, wie man beratschlagt, um einen sehr guten, einen ehrenwerten Ausweg aus anfänglichen Meinungsverschiedenheiten zu finden", versuchte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis Zuversicht zu verbreiten - am Morgen nach der zweiten Eurogruppen-Sitzung innerhalb weniger Tage, die keine Annäherung, geschweige denn Einigung brachte.
"Harte Zahlen fehlen"
"Wir wissen nicht, wie hoch die Geldabflüsse aus Griechenland sind. Wir wissen nicht, wie sich aktuell die Steuereinnahmen entwickeln. Wir kennen den aktuellen Kassensturz des Landes nicht", beklagte Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling. Er ist nicht der einzige, der Griechenland vorhält: "Ohne harte Zahlen und Fakten auf dem Verhandlungstisch kommen wir nicht weiter."
Die Regierung in Athen wirft ihrerseits den europäischen Partnern Schwammigkeit vor: Zwar setze man Athen die Pistole auf die Brust, das ungeliebte Hilfsprogramm zu verlängern. Ohne dabei aber genau zu sagen, wie sich dann Sparauflagen und Rückzahlungsbedingungen gestalten. "Ich hoffe, dass sie die Verlängerung beantragen. Sobald sie das tun, können wir Flexibilität innerhalb des Programms erlauben", so Eurogruppenchef Dijsselbloem.
Kompromiss weiter gesucht
Konkreter wurde Dijsselbloem nicht. Vielleicht muss er das auch nicht, weil Athen mit seinen Vorstellungen von einer Lockerung der harten Sparauflagen derzeit nicht nur bei der Bundesregierung, sondern bei allen Euroländern auf Granit beißt.
Der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna allerdings forderte: "Wir dürfen nicht in einer Blockade bleiben. Also muss jeder ein bisschen in die andere Richtung gehen, ein bisschen Wasser in den Wein schütten, damit wir einen Kompromiss finden."
Dass eine der beiden Seiten nun zum Sprint ansetzt, um schnell einen solchen Kompromiss zu finden, ist noch nicht auszumachen. Auch wenn man genau weiß: Ein Grexit, ein griechischer Austritt aus der Eurozone, wird teuer. Und zwar für alle.