Einigung bei EU-Fischereireform EU-Staaten wollen strengere Regeln beim Fischfang
Sitzen bleiben, bis ein Kompromiss gefunden ist: So haben die EU-Landwirtschaftsminister eine Einigung in den zähen Verhandlungen um eine Reform der Fischereipolitik erreicht. Mehr als sieben Prozent ihres Fangs sollen Europas Fischer bald nicht mehr ins Meer zurückwerfen dürfen.
Von Christoph Prössl, NDR, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Es gibt eine relativ simple Verhandlungstaktik, die in Brüssel sehr beliebt ist und immer wieder zum Erfolg führt. Sitzen bleiben, bis es einen Kompromiss gibt. Keiner verlässt den Raum. Und so war es, bis fünf Uhr morgens.
Mit dieser Strategie hat der irische Landwirtschaftsminister und Vorsitzende des EU-Fischereirates Simon Coveney die Landwirtschaftsminister nach 14 Stunden Verhandlung auf eine Zahl bringen können: sieben Prozent. Mehr als sieben Prozent von ihrem Fang sollen die Fischer in Europa in einigen Jahren nicht mehr ins Meer zurückkippen dürfen.
Bisher bis zu 30 Prozent Beifang
Derzeit sind es nach Angaben der EU-Kommission 30 Prozent und mehr. Darunter fallen zu kleine Fische, und Fische, die keinen Erlös bringen und vor allem sind diese Fische sehr oft schon verletzt oder tot. Die Schäden für die Bestände sind enorm, sagen Experten.
"Es war uns sehr wichtig, dass eine Reform geschieht, die eine grundsätzliche Verhaltensänderung der Fischerei erzwingt", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Deutschland hatte ursprünglich eine Grenze von fünf Prozent gefordert. Andere Staaten wie Frankreich hatten zehn Prozent gefordert.
Übergangsfristen bis 2017
Doch Aigner begrüßt den Kompromiss. Denn es werden keine Fischarten von dem Verbot, den Beifang zurück ins Meer zu werfen, ausgenommen. Sieben Prozent soll für alle Fische gelten nach Übergangsfristen – gestaffelt auch nach Meeren. Der Übergang soll 2015 in der Ostsee beginnen, dann folgt ab 2016 die Nordsee und 2017 das Mittelmeer. Ein Zugeständnis an Spanien und Frankreich.
Trotzdem gut, meint Aigner: "Wir können es uns nicht leisten, mit unseren Meeresressourcen auf Dauer so umzugehen, dass wir Fische wieder ungenutzt ins Meer zurück werfen. Das ist ein Verlust von wertvollen Ressourcen und gefährdet auch die Bestände insgesamt." Das sei keine nachhaltige Fischereipolitik. Und langfristig auch nicht im Interesse der Fischer selbst, weil die dann irgendwann auch nichts mehr zu fischen hätten, sagt Aigner.
Umweltschützer befürworten Rückwurfverbot
So argumentiert auch Greenpeace und befürwortet das Rückwurfverbot. "Für Greenpeace ist es auf jeden Fall das Wichtigste, dass wir selektiver und umweltverträglicher fischen. Und das Rückwurfverbot ist auch ein Mechanismus, um die Fischer dazu zu bewegen, den Beifang erst gar nicht in ihre Netze zu bekommen", sagt Saskia Richartz, Expertin für die EU-Fischereipolitik.
Größere Maschen in den Netzen können zum Beispiel verhindern, dass zu junge Fische aus dem Meer gezogen werden. Die EU-Kommission will den Fischern bei der Anschaffung neuer Netze sogar unter die Arme greifen.
Mit dem Kompromiss geht die irische Ratspräsidentschaft nun in die Verhandlungen mit dem Europaparlament. Das Parlament hat schon mehrfach deutlich gemacht, dass die Abgeordneten ein strenges Verbot für den Rückwurf von Beifang fordern. Eine Einigung gilt deswegen als wahrscheinlich.