EU-Parlament verabschiedet Fischereireform Jetzt müssen die Länder mit ins Boot
Die Abgeordneten des EU-Parlaments wollen den Fischfang neu regeln. Europas Fischer sollen Fische nach dem Einholen der Netze nicht wieder zurück ins Meer werfen. Strengere Fangquoten sollen die Fischbestände schützen. Die EU-Regierungen müssen aber noch zustimmen - hier droht Widerstand.
Von Birgit Schmeitzner, BR, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Eineinhalb Jahre hat Ulrike Rodust an dem Reformtext gearbeitet, hat als Verhandlungsführerin des Europaparlaments Tausende Änderungsanträge eingepflegt und mit Fischern, Industrie und Naturschützern verhandelt. Jetzt fällt die Anspannung von der SPD-Abgeordneten ab: "Ich bin auf der ganzen Linie zufrieden. Ich bin so unfassbar glücklich, ich kann das gar nicht in Worte fassen." Es sei ein historischer Tag für die Meere, so Rodust.
Die Fischereireform, die mit breiter Mehrheit vom Parlament angenommen wurde, setzt auf einen Systemwechsel. Nicht die EU-Agrarminister sollen künftig das letzte Wort bei der Höhe der Fangquoten haben - sondern die Wissenschaftler. Und deren Vorgaben sollen sogar noch übertroffen werden, damit sich bis zum Jahr 2020 die Fischbestände in den europäischen Gewässern erholen können.
"Das ist dringend nötig", sagt Uta Bellion, die Leiterin des Europäischen Meeresprogramms der Pew Environment Group. "In der Nordsee erholen sich die Bestände langsam. Es gibt aber immer noch eine Reihe überfischter Bestände. In der Ostsee sieht es ganz schlecht aus. Und im Mittelmeer haben wir noch nicht einmal genug Daten, um zu wissen, wie schlecht es aussieht. Aber man weiß, dass ein Großteil überfischt ist", sagt Bellion.
Der Zeitplan ist noch strittig
Dass die Fanggebiete überfischt sind, liegt auch an der Art und Weise, wie Fischer derzeit mit dem Beifang umgehen. Fische, die zu klein oder zu wertlos sind, um verkauft zu werden, werden tot oder sterbend zurück ins Meer gekippt. Auch hier wollen die Parlamentarier einen Riegel vorschieben. Ab 2014 soll jeder Fischer Schritt für Schritt seinen gesamten Fang an Land bringen. Ein ehrgeiziger Zeitplan, heißt es dazu aus den Reihen der konservativen Fraktion - die hier gern eine längere Übergangsphase gehabt hätte.
Und so kritisiert der CDU-Abgeordnete Werner Kuhn den Zeitplan: "Es ist einfach zu früh. Die Fischer müssen mit dem neuen Fanggerät erst einmal durch Pilotprojekte Erfahrungen sammeln. Das ist zumindest in dem, was wir heute abgestimmt haben, nicht enthalten." Aber das könne ja noch werden.
Kuhn setzt dabei auf die nun anstehenden Verhandlungen mit den EU-Staaten - die großzügigere Übergangsfristen und Ausnahmen wollen und keine verpflichtenden Strafen bei Verstößen. Gerade die Fischereination Spanien kann sich mit den Vorstellungen des Europaparlaments gar nicht anfreunden.
Mit Fangquoten gegen leere Meere
Bei vielen Parlamentariern wird diese Haltung als zu kurzsichtig angesehen. Gesine Meissner von der FDP sieht begrenzte Fangquoten als ein gutes Instrument an. Das habe man beim Hering in der Nordsee gesehen. "Wir haben in Norddeutschland gute Erfahrungen damit gemacht, wenn man sich quotenmäßig beschränkt, dann hinterher um so reichhaltigere Fische hat. Und das ist gut. Nicht nur für die Meere, die Fische und die Menschen, die Fische gerne essen. Sondern auch für die Fischer", sagt Meissner.
Und auch die SPD-Abgeordnete Rodust, die nun für das Europaparlament in die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten geht, will das Argument "ihr nehmt den Fischern die Lebensgrundlage weg" nicht gelten lassen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass 2020 so mancher Fischer auf seinem Boot sitzt und sagt: Das haben die gut gemacht", glaubt Rodust.
Der Deutsche Fischereiverband zumindest steht schon mal auf der Seite des Parlaments, spricht von einem guten Weg und mahnt dazu, die Diskussion über die Reform zu versachlichen.